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Internetzensur: Google steht kurz vor Rückzug aus China

Google hat damit gedroht und will nun offensichtlich konsequent sein: Da China beim Thema Zensur nicht verhandelt, könnte google.cn bald abgeschaltet werden.

Es sei zu "99,9 Prozent" sicher, dass Google die Schließung seiner chinesischen Suchmaschine vorantreiben werde, berichtete die Financial Times unter Berufung auf eine Person, die mit Googles "Denkweise" vertraut sei. Der Konzern hat eigentlich auch gar keine andere Wahl mehr, nachdem er dies angekündigt hatte, sollte China beim Thema Zensur nicht zu Kompromissen bereit sein. Und das ist die Regierung in Peking offensichtlich nicht.

Am Freitag hatte sie noch einmal nachdrücklich betont, dass sie für Google keine Ausnahme von der Vorschrift machen werde, das Suchergebnisse politisch zu zensieren seien. Sollte die Firma sich nicht an die geltenden Gesetze halten, die eine solche vorsehen, sei das "unverantwortlich und unfreundlich", sagte Li Yizhong, Chinas Minister für Industrie und Informationstechnologie. Und drohte, das Unternehmen werde dafür die Konsequenzen tragen müssen.

Google hatte vor zwei Monaten berichtet, von China aus massiven Hacker-Attacken ausgesetzt zu sein und angekündigt, sich nun nicht mehr der Zensurforderung Pekings beugen zu wollen. Dafür werde man notfalls auch das Geschäft in China aufgeben, hatte es damals geheißen. Seitdem war mit der dortigen Regierung intensiv verhandelt worden, zu welchen Bedingungen Google seine chinesische Suchmaschine google.cn weiterbetreiben darf. Laut Financial Times stecken die Gespräche in einer Sackgasse und das oberste Google-Management sei fest entschlossen, den Markt aufzugeben.

"Wir alle haben die Wahl: Wir können repressiver Politik erlauben, sich über die ganze Erde zu verbreiten oder zusammenarbeiten, um gegen solche Herausforderungen anzugehen, und das fundamentale Menschenrecht der freien Meinungsäußerung hochzuhalten", sagte Vizepräsident Drummond nach Google-Angaben in Paris. Zahlreiche Länder beschnitten heute schon die Freiheit im Internet, klagte der Konzern. In 25 davon seien Google-Dienste und die Video-Plattform YouTube gegenwärtig gesperrt oder in der Vergangenheit zeitweise blockiert worden.

Der aktuelle Jahresbericht von Reporter ohne Grenzen unterstreicht diese Aussagen. Im Jahr 2009 hätten demnach insgesamt rund 60 Staaten Internetzensur ausgeübt. Noch nie zuvor wurde eine so hohe Zahl von inhaftierten Bloggern, Internetnutzern und -dissidenten dokumentiert: Derzeit seien fast 120 von ihnen im Gefängnis, 72 davon allein China.

Allerdings hatte Google lange Zeit kein Problem mit dem chinesischen Weg, mit dem Netz umzugehen. Immerhin hatte man im Jahr 2000 eine chinesische Übersetzung von google.com gestartet und war seit Januar 2006 mit google.cn im Markt – samt den chinesischen Vorgaben zur Filterung und Zensur der Suchergebnisse. Die Begründung damals lautete, man wolle zur Weiterentwicklung der chinesischen Gesellschaft hin zu Offenheit beitragen und daher die geltenden Gesetze achten. Demnach würde Google es nun aufgeben, China verändern zu wollen.

Sollte die Seite tatsächlich abgeschaltet werden, werde Google sich damit allerdings Zeit nehmen, schränkte die FT ein. Der Konzern wolle andere Geschäftsbereiche wie ein Forschungszentrum in Peking auf jeden Fall erhalten. Sie zitiert eine frühere Äußerung des Googlechefs Eric Schmidt, dass man auch nicht vollständig gehen wolle, was immer aus google.cn werde: "Es ist sehr wichtig zu wissen, dass wir uns nicht aus China zurückziehen." Immerhin mache man gute Geschäfte dort. Es gehe allein um die Zensurregeln, um nichts sonst.

Derzeit kontrolliert Google 35 Prozent des Marktes für Suchanfragen in China. Der größte Teil wird über Baidu abgewickelt, eine chinesische Eigenentwicklung.Angesichts der Tatsache, dass das Netz in China der größte Einzelmarkt der Welt ist, wäre der Rückzug durchaus ein Verlust für den amerikanischen Konzern.

Profitieren davon könnte nicht nur Baidu, sondern auch Microsoft. Auf seinen neuen Smartphones für China will der amerikanische Handyhersteller Motorola Bing verwenden, die Suchmaschine des Google-Rivalen, schrieb das Wall Street Journal. Die Geräte sollen noch in diesem Quartal auf den Markt kommen.

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa

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