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Apps wie "Monkey Parking" wollen die Parkplatzsuche vereinfachen - aber nur gegen Bezahlung.

© AFP

Monkey Parking: Wer hat, der kriegt

Was gibst du mir für meinen Parkplatz? Eine neue App aus San Francisco will die Parkplatzsuche erleichtern - aber nur gegen Bezahlung.

In der überfüllten Berliner U-Bahn blitzte vergangene Woche für einen Moment so etwas wie Menschlichkeit auf: Ein junger Mann, vielleicht 20, stand auf, tippte der schwangeren Frau auf die Schulter und bot ihr seinen Platz an. Die Frau dankte überschwänglich und setzte sich. Der junge Mann freute sich, weil er etwas Gutes getan hatte. Die Schwangere freute sich, weil ihr etwas Gutes widerfahren war. Mit dieser analogen Freundlichkeit könnte es bald aus sein. Eine immer größere Anzahl von Apps drängt in den öffentlichen Raum. Viele Entwickler verfolgen dabei offenbar das Ziel, die Benutzer ihrer Anwendungen zu immer schlechteren Menschen zu machen.

In San Francisco, einer Stadt mit sehr vielen Autos und sehr wenigen Parkplätzen, gibt es die App „Monkey Parking“. Das Prinzip ist ganz einfach: Hat man einen der begehrten öffentlichen Parkplätze gefunden, lässt man sich orten. Entnervte Autofahrer, die seit Stunden einen Parkplatz suchen, können ein Gebot für den bald frei werdenden Platz abgeben. Am Ende bekommt ihn der Autofahrer, der am meisten für den frei werdenden Parkraum geboten hat.

„Verdienen Sie jedes Mal Geld, wenn Sie Ihren Parkplatz verlassen“, heißt der Slogan von „Monkey Parking“. Und weiter: „Sie können Monkey Parker werden und Ihre Rechnungen bezahlen.“ Wer hat, der kriegt. So kann der Parkplatz als öffentliches, kostenfreies Gut schnell teuer werden. Wer nicht bezahlen will oder kann, der wird künftig überhaupt keinen Parkplatz mehr bekommen.

Vordrängeln statt Schlangestehen

Einen anderen Ansatz verfolgt die Internetplattform linestanding.com. Sie stammt ebenfalls aus den Vereinigten Staaten. Wer keine Lust hat, etwa beim Obersten Gerichtshof anzustehen, der lässt einfach warten. Statt sich selbst die Beine in den Bauch zu stehen, macht das nun jemand anderes. Sicher: In einer Schlange zu stehen, empfindet kaum jemand als angenehm. Der Umstand aber, dass alle gleich schlecht dran sind, hatte zumindest etwas Beruhigendes. Plattformen wie linestanding.com ermöglichen es dem gestressten Anwalt, sich ganz legal vorzudrängeln – weil er es sich leisten kann.

In der überfüllten Berliner U-Bahn würde bei ähnlichen Angeboten niemand mehr freiwillig aufstehen. Mancher Manager wäre sicherlich bereit, für ein paar Euro einen Sitzplatz in der Rushhour zu bekommen, statt dicht gedrängt unter einer transpirierenden Achsel nach Hause zu fahren. Für die Schwangere wäre dann kein Platz mehr. Für einen kurzen Moment der Menschlichkeit auch nicht.

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