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In den Selbstmord getrieben. Amanda Todd in ihrer Videobotschaft.

© dpa

Nach dem Tod von Amanda Todd: Mobbing im Internet - wer hilft?

Nach dem Tod von Amanda Todd fordern Experten in Deutschland zusätzliche Maßnahmen gegen Cybermobbing. Bisher gibt es nur einzelne Initiativen - es fehlt ein flächendeckendes Vorgehen aller Verantwortlichen. Wo sich betroffene Schüler und Eltern Hilfe holen können.

Megan aus den USA wurde 13 Jahre alt, dann erhängte sie sich. Winsie aus den Niederlanden war 15, als sie erstochen wurde. Vergangene Woche hat sich Amanda aus Vancouver umgebracht, auch sie war 15. Was die drei Mädchen gemeinsam haben: Sie sind Opfer von Cybermobbing. Sie kamen zu Tode, nachdem sie über die Internetplattformen Myspace und Facebook fertiggemacht worden waren. Der jüngste Fall, der Selbstmord der 15 Jahre alten Amanda Todd aus Vancouver, hat in Deutschland neue Diskussionen um Mobbing im Internet ausgelöst. „Die Geschichte von Amanda hätte auch hier spielen können“, sagte Catarina Katzer vom Bündnis gegen Cybermobbing dem Tagesspiegel. Eine Studie stützt ihre Aussage. Wie Forscher der Universität Bremen herausfanden, wurde jeder dritte Schüler schon einmal im Internet beleidigt oder belästigt. Das sind rund drei Millionen Kinder und Jugendliche.

Was den Schülern im Internet widerfährt, ist etwa auf der Internetplattform „Juuuport“ zu lesen. Ein 16 Jahre altes Mädchen hat Angst, weil ihr älterer Freund droht, Nacktfotos von ihr ins Netz zu stellen. "Jetzt weiß ich nicht, was ich machen soll...“, schreibt sie weiter. Andere Nutzer klagen über Schulkameraden, die sich auf Facebook über ihre Pickel lustig machen oder über im Internet kursierende Fotos, die sie auf der Schultoilette zeigen. Und immer wieder findet sich dieser Zusatz „Ich weiß nicht, was ich machen soll.“

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Für Mobbing-Expertin Katzer liegt in dieser Hilflosigkeit das entscheidende Problem. „Die Jugendlichen wissen einfach nicht, an wen sie sich wenden sollen“, kritisiert sie. Karin Wunder von der Landesmedienanstalt Niedersachsen, die die Internetseite „Juuuport“ betreibt, gibt ihr recht. „Lehrer und Eltern sind oft nicht mit dem Internet vertraut. Sie wissen nicht, was dort an perfiden Mobbingstrategien möglich ist.“

Um dem Phänomen Cybermobbing zu begegnen, wurden in Deutschland mehrere Initiativen ins Leben gerufen. In Berlin gibt es etwa das Projekt „Medienhelden“, mit dem sich Schüler der Mittelstufe vor Beleidigungen und Belästigungen im Internet schützen sollen. Auf der Internetplattform „Juuuport“ antworten zu Ratgebern ausgebildete Jugendliche auf die Hilfsgesuche ihrer Mitschüler. Und in Rheinland-Pfalz werden Schüler zu sogenannten „Medienscouts“ ausgebildet, um Mobbingattacken vorzubeugen. Hinzu kommen Aktions- und Präventionstage. Dennoch bleibt die Situation aus Sicht der Experten problematisch. „Die Angebote müssen bekannter werden“, sagt Karin Wunder von Juuuport. Und ihre Kollegin Katzer kritisiert, dass ein flächendeckendes Gesamtkonzept in Deutschland nach wie vor fehle. Katzer fordert daher, ähnlich wie in Großbritannien das Schulfach „Medienerziehung“ einzuführen, um den Opfern Orientierung zu bieten.

Auch Amanda war vor ihrem Selbstmord orientierungslos. Das Mädchen wusste keinen Ansprechpartner. Bevor sie sich umbrachte, hatte die damals 15-Jährige, wie berichtet, ein Video gedreht, in dem sie auf Karteikarten ihre Geschichte erzählt. „Ich habe niemanden“, schreibt sie dort. Die Schülerin aus Vancouver hatte mit einem Fremden im Internet gechattet und sich für ihn ausgezogen. Der Fremde speicherte ein Nacktfoto der damals 13-Jährigen auf seinem Computer und verschickte es an ihre Freunde. Amanda geriet in einen Strudel aus Mobbingattacken und Depressionen, der zu ihrem Selbstmord führte.

Hilfesuchende können sich an das „Bündnis gegen Cybermobbing“ wenden. Elterntelefon: 0800 - 1110550,

Kinder-und Jugendtelefon: 0800 - 1110333.

www.buendnis-gegen-cybermobbing.de

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