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Mahnt alle ab: An Filmen mit "Cindy Dollar" will die Schweizer Firma The Archive Rechte besitzen

© Tsp

Schlachtfeld Internet: Anwalts Liebling

Redtube, Pixelio, Gema - im Internet lauern über juristische Fallstricke. Für Abmahnanwälte ergeben sich immer neue Betätigungsfelder.

Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, das haben schon viele Justiz- und auch Innenminister bekräftigt. Das trifft zu, aber anders als eigentlich gemeint. Das Netz ist vor allem ein juristisches Schlachtfeld, man könnte sagen: Das Internet ist Anwalts Liebling. Es sorgt dafür, dass Heerscharen von Juristen ihr Auskommen damit haben, die Nutzer mit immer neuen Abmahnungen zur Kasse zu bitten.

Besonderes Geschick, windigen Juristen behilflich zu sein, hat in den vergangenen Monaten das Landgericht Köln entwickelt. Bei den Porno-Massenabmahnungen im Redtube-Fall verpflichteten die Kölner die Internetprovider unberechtigterweise dazu, die Namen und Adressen hinter den IP-Adressen herauszurücken. In der zurückliegenden Woche hat das Gericht eine andere folgenreiche Entscheidung gefällt, glücklicherweise nicht in letzter Instanz: Dieses Mal geht es um ein Foto von der kostenlosen Bilddatenbank Pixelio. Der Fotograf hat erfolgreich prozessiert, weil ein Webseitenbetreiber den Urhebervermerk zwar auf der Seite, aber nicht in der Bilddatei selbst angebracht hatte. Die Entscheidung betrifft im Prinzip nur den konkreten Fall, doch das Feld für die Abmahnanwälte ist eröffnet. Bei Redtube zeigte sich übrigens, wie geschickt sich die gesetzliche vorgeschriebene Deckelung der Abmahnkosten umgehen lässt. So wurde der Streitwert für das angeblich unerlaubte Abrufen von Streifen wie „Amanda’s Secrets“ auf zehn Euro beziffert, deutlich weniger als möglich. Die restlichen Forderungen von 240 Euro wurden als sonstige Kosten untergebracht.

Kurt Sagatz, Medienredakteur des Tagesspiegels.
Kurt Sagatz, Medienredakteur des Tagesspiegels.

© Kai-Uwe Heinrich

Einfallsreich ist auch die Gema. Das Leiden der deutschen Internetnutzer reicht auch hier weit zurück. Seit Jahren prangt auf vielen Youtube-Videos der Hinweis, dass diese Songs in Deutschland nicht abzurufen sind, weil sich Gema und Google nicht über die Abrechnung einigen können. Doch nicht bei der Google-Mutter Youtube möchte die Gema kassieren, sondern genauso bei anderen Website-Betreibern, die Youtube-Musikvideos so in ihre Homepage einbauen, dass sie dort direkt angesehen werden können. Nach Ansicht der Gema macht es keinen Unterschied, ob der Song auf Youtube oder der Webseite eines Fans angeboten wird. Auch der Umstand, dass Youtube seine Nutzer quasi dazu ermuntert, die Videos in der eigenen Seite einzubauen, indem es den Code für die Einbettung mitliefert, spielt für die Rechteverwerter keine Rolle. So gedacht, dürfte es auf Deutschlands privaten Webseiten bald ziemlich langweilig aussehen, schließlich betrifft diese Thematik eine Vielzahl interaktiver Dienste.

Man muss sich gar nicht vorstellen wollen, was vielen Juristen in Zukunft noch einfallen kann. Darauf kommen Anwälte, Gerichte und Rechteverwerter ganz allein. Die Politik hingegen ist direkt gefordert. Sie muss die Freiheit im Netz ebenso schützen wie die berechtigten Ansprüche der Urheber.

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