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Das Display reagiert auf elektronische Ströme auf der Hautoberfläche. Mit Handschuhen wischt man umsonst darauf herum.

© Reuters

Smartphone-kompatible Wintermode: Wurstfinger mit Mützchen

Bisher mussten Smartphonebenutzer ihre Handschuhe ausziehen, um mit zitternden Fingern auf dem Handy rumdrücken zu können. Mittlerweile ist ein kompletter Modemarkt entstanden. Die Alternative: Würstchen.

Populärer Programmpunkt jeder Frage nach dem Zeitgeist ist das Gequatsche über Mode. An den Trendfarben der Saison soll sich die Gesellschaftsstimmung ablesen lassen. Und falls nicht an den Trendfarben, dann an der Rocklänge oder an der Höhe der Schuhabsätze. Ginge es nach dem derzeitigen Krisen-Smalltalk, die Menschen hätten längst ihr letztes Paar Schuhe verkaufen müssen. Dabei haben sie viel realere Shopping-Probleme. Jeder Besitzer eines Smartphones kennt des: Das berührungsempfindliche Display reagiert nicht, wenn die Finger im Wollhandschuh stecken. Das liegt daran, dass die Displays „kapazitiv“ sind, die Eingaben also anhand der elektronischen Ströme auf der Hautoberfläche registrieren. Klassische Handschuhe machen das unmöglich.

Bisher mussten Smartphonebenutzer in der Kälte ihre Handschuhe ausziehen, um dann mit zitternden Fingerchen rumdrücken zu können. Mittlerweile ist ein kompletter Modemarkt entstanden, der für Abhilfe sorgt. Seit der Erfindung des Handschuhs war nicht mehr so viel los im Handschuh-Geschäft. Die jetzige Wintersaison ist so etwas wie eine Mini-Epochenschwelle. Diverse Anbieter – vom Outdoor-Ausrüster The North Face bis zur Traditionsfirma Roeckl – haben Lösungsansätze ausgetüftelt. Da gibt es Handschuhe mit möglichst dünnen Fingerkuppen neben solchen, bei denen die Fingerspitzen aus speziell beschichtetem Material bestehen. Da gibt es Modelle, bei denen Mützchen von den Kuppen weggeklappt werden können, neben solchen, bei denen winzige leitfähige Spikes an den Fingerspitzen angebracht sind.

Längst hat auch Apple für sein iPhone ein Patent für einen speziellen Handschuh angemeldet – es ist das erste Modepatent von Apple überhaupt. So viel Aktivität verrät, dass sich etwas verändert. Die wachsende Zahl der so gerne bespöttelten Suchtkranken, die durch unsere Straßen irren und ihren Blick und ihre Finger nicht mehr vom Telefon lassen können: Sie ist im Zentrum der Lifestyle-Aufmerksamkeit angekommen. Oder genauer gesagt: Ihre Fingerspitzen sind dort angekommen. Mit den Wischtechniken, die jeder iPhone-Benutzer beherrschen muss, sind jetzt plötzlich Fingerspitzengefühle so wertvoll wie nie zuvor.

Einen Schritt weiter ist einmal mehr der ferne Osten, wo die Smartphone-Kultur schon etablierter ist. In Korea sucht man im Winter einfach nach möglichem Fingerersatz zum Tippen auf den Display. Ein solcher Ersatz muss nur die gleiche Spannung wie menschliche Haut aufweisen. Die Koreaner empfehlen etwas, das hierzulande an jeder Tankstelle zu erwerben ist: dünne Bifi-Würstchen.

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