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Google macht mit seinem Dienst "Google+" dem Netzwerk Facebook Konkurrenz.

© dapd

Social Media: Google+ ist erst der Anfang

Allein der Test des neuen sozialen Netzwerks ist lehrreich. Er zeigt, dass auch ein Marktführer angegriffen werden kann; und dass "social media" erst am Anfang steht.

Google+ in seiner ersten Lebenswoche: Der Grundton der ersten Berichte ist positiv. Aber das muss nicht viel bedeuten. Nach wie vor läuft die Plattform in einem "eingeschränkten Feldversuch" (Google) mit einer begrenzten Zahl von Nutzern. Die Alphageeks also sind dort noch weitgehend unter sich.

Stellt sich für Normalnutzer die Frage: Muss mich das interessieren? Muss ich dort mitmachen, wenn Plus für jedermann freigeschaltet wird? Soll ich etwa alles, was ich bei Facebook mache, parallel auf einer zweiten Plattform veranstalten? Dort noch einmal meinen Freundeskreis nachbauen? Immerhin verbietet Facebook inzwischen, ihn einfach aus dem blauen Netzwerk herunterzuladen und in das weiße Netzwerk zu emigrieren.

Die Antwort darauf lautet: Vielleicht sollte man irgendwann einmal umziehen. Für jene, die noch abwarten wollen, ist aber allein schon die Testphase Googles lehrreich. Fünf Beobachtungen rund um die Einführung von Google+:

Erstens: Facebook gibt längst den Takt im Netz vor. Google hechelt hinterher – und baut, bei allen eigenen Ideen im Detail, das Erfolgsmodell soziales Netzwerk nach. Ohne Zweifel wird Google dabei von einer gewaltigen Verlagerung der Werbebudgets hin zur sozialen Vernetzung getrieben.

Zweitens: Selbst für Google, das im vergangenen Jahrzehnt als Herrscher der Digitalwelt galt und immer noch der potenteste Technologiekonzern des Webs ist, selbst für Google sind die Erfolgsaussichten ungewiss. Eine Chance zumindest hat der Konzern, Facebook seine Vormachtstellung streitig zu machen. Aber leicht wird es nicht, denn gnadenlos sind die Regeln des "customer lock-in" und des Netzwerkeffektes.

Das bedeutet: Je größer ein soziales Netz, desto höher sind die Kosten für den Einzelnen, es zu verlassen. Denn wirklich sinnvoll sind solche Netzwerke erst, wenn viele mitmachen und sich stark engagieren. Dann erst haben sie Vorteile von der Vernetzung, bekommen beispielsweise gute Empfehlungen. Das alles spielt dem Marktführer in die Hände.

Drittens: Die ersten Nutzer frohlockten angesichts des aufgeräumten Designs von Google+. Bis die breite Masse sich dort einwählt, könnte sich das allerdings längst geändert haben. Denn der Eindruck von Aufgeräumtheit entsteht vor allem durch die Abwesenheit von Apps und Anzeigen. Das aber dürfte sich im Erfolgsfall schnell ändern. Schließlich ist Google der weltgrößte Vermarkter für Onlinewerbung.

Bei kostenlosen Services – auch von Google – gilt nun einmal: Wenn Du nichts dafür zahlen musst, bist Du nicht der Kunde, Du bist das Produkt! Googles Produkt wäre in diesem Fall die Aufmerksamkeit ordentlich sortierter Nutzergruppen für seine Werbekunden.

Viertens: Auch wenn es schon einen klaren Marktführer gibt, lassen sich Dinge besser machen. So dürften die vielgelobten Circles zu einem echten Kennzeichen von Google+ avancieren. Denn mit ihnen nimmt der Verfolger die Psychologie des Menschen ernster, als Facebook es tut. Google lässt viele abgestufte Sozialkontakte zu, denen wir unterschiedlich vertrauen und Unterschiedliches anvertrauen – das stärkt das Soziale im social networking.

Fünftens: Just an jenem Wochenende, an dem Google einen neuen Weg versucht, uns zu vernetzen, fordern in Deutschland drei Landesinnenminister, man möge Facebookparties verbieten. Da wird nicht differenziert zwischen Versehen und Absicht, da wird nicht auf den Seltenheitswert dieses Phänomens eingegangen – es wird einfach nur ein Verbot gefordert. Wer wissen will, auf welchem Niveau sich das Verständnis social media derzeit befindet, muss sich nur diese öffentliche Debatte anschauen.

Die fünf Lehren zeigen vor allem eines: So groß Facebook auch sein mag und so viel versprechend Google+ auch daher kommt, social media steht erst am Anfang.

Mit freundlicher Unterstützung von Zeit Online

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