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Little Big Planet

© Sony

Videospiele: "Little Big Planet" macht den Spieler zum Spielemacher

Spiele selber machen war lange Zeit eine Wissenschaft für sich, jetzt helfen Videospiele kräftig nach. "Little Big Planet" für die Playstation 3 bringt den Trend zum Game 2.0 ins Rollen.

Kleine, knuddelige Sackpüppchen huschen wie wild über den Bildschirm, jagen über Hindernisse aus Holz oder Pappe, hangeln an Seilen über tödliche Abgründe oder düsen auf einem Skateboard durch die bunten Level. Auf den ersten Blick scheint klar: "Little Big Planet" ist ein Videospiel für Kinder. Doch der Eindruck täuscht. Hinter dem gleichzeitig simplen wie komplexen Jump'n'Run-Spiel für die Playstation 3 steckt ein Do-it-yourself-Baukasten für die Youtube-Generation. Der Trend zum "User-generated content" hat nun endlich auch die Videospiele erreicht. Statt nur zu zocken, können die Spieler in "Little Big Planet" kinderleicht auch eigene Level zusammenbasteln und der Community zur Verfügung stellen.

Im PC-Bereich basteln Spielefans schon seit eh und je an ihren eigenen Spielen. Doch bis vor kurzem waren für eine anspruchsvolle Modifikation nach Art von "Counterstrike" ganze Teams über Monate, wenn nicht Jahre beschäftigt. Das war Arbeit, kein Spaß. Erst mit Spielen wie dem Funracer "Trackmania" wurde "User-generated content" ein Thema für die Massen. Den Gipfel markierte dann in diesem Jahr Will Wrights "Spore", mit dessen genialen Kreaturen-Editor in kürzester Zeit Millionen von virtuellen Wesen das Licht der Welt erblickten. Allerdings hielt sich die Begeisterung der Spieler für das Evolutions-Spiel selbst in Grenzen. Die Frage lautet also: Kann "Little Big Planet" auch spielerisch überzeugen?

Gemeinsam spielen

Machen wir es kurz: es kann. Bis zu vier Spieler können mit den so genannten Sackboys und -girls, online oder lokal, gemeinsam durch die Level toben. Die putzigen Puppen sind die Rampensäue des Spiels, auf das Sony seine ganze Hoffnung im kommenden Weihnachtsgeschäft setzt. Kleine Puppen aus Sackleinen, die sich in Sekunden mittels Dutzender Accessoires in Hippies, Piraten, Tiere, eine mexikanische Totenkult-Puppe und vieles mehr verkleiden lassen.

Die Sackboys können laufen, springen, sich an etwas klammern - und viel mehr nicht. Das ist eines der Geheimnisse, die "Little Big Planet" zu einem besonderen Spiel machen: Das grundlegende Spielprinzip ist so simpel und zugänglich, wie es Spiele vor zwanzig Jahren noch waren. Auch fünfjährige Kinder kommen schnell damit zurecht. Die Spielumgebung ist dagegen dank toller Physik-Effekte, Apparaturen und Vehikel durchaus komplex - und fordernd. Säuregruben, brennende Objekte, Skateboards, Seile, Düsenrucksäcke, Explosionen.

Little Big Planet
Sackboy in der Rohfassung. -

© Sony

Vielfalt im Spiel

Es gibt fast nichts, was es in "Little Big Planet" nicht gibt. Denn die Spieler kreieren ständig neue Level und Gegenstände, die sie beim Spielen miteinander tauschen können. Und das ist das zweite Geheimnis von "Little Big Planet": Auch das geht kinderleicht und macht Spaß. In Minuten kann der Spieler aus einem Fundus von Alltagsmaterialien wie Karton, Stein, Styropor oder Holz, aus vorgefertigten Gegenständen und Werkzeugen einfache Parkours für die Spieler-Gemeinde zusammen basteln.

Selbst komplizierte Gebilde wie funktionstüchtige Flugzeuge und Raketen lassen sich erstellen. Von der Kulisse bis zur Hintergrundmusik und Beleuchtung - alles lässt sich justieren. Und noch ein netter Kniff: Neue Gegenstände, Materialien und Texturen sammelt man während des Spielens. So bleibt man ständig motiviert, das Spiel gründlich zu erforschen.

Die Schöpfungen der Spieler, die man per Zufallsgenerator oder nach bestimmten Kriterien online auswählen kann, können sich sehen lassen. Nahezu sämtliche Kreationen machen optisch den Eindruck als stammten sie aus einer professionellen Bastelstube. Einige Level sind gelegentlich spielerisch uninteressant, doch die Mehrzahl verblüfft mit tollen Ideen.

Beliebt sind Remakes von Spiele-Klassikern, aber auch populäre Hollywood-Themen wie Indiana Jones oder Star Wars werden von den "Little Big Planet"-Spielern aufgegriffen. Viele eigene Kreationen stehen den 25 im Spiel integrierten Level in Nichts nach. Einem Spieler gelang es, aus hunderten Teilen einen funktionstüchtigen Taschenrechner zu basteln.

Trotz des unendlichen Stroms neuer user-generierter Inhalte wird "Little Big Planet" Sony wohl reichlich Geld in die Kassen spülen. Download-Pakete mit thematisch abgestimmten Spielinhalten werden ganz nach Art von Lego und Playmobil ihre Käufer finden. Hinzu kommt: Kostüme und Accessoires für die Spielfiguren lassen sich mit dem Editor nicht selbst erstellen. So findet man schon zum Verkaufsstart im Online-Shop der Playstation ein Sackboy-T-Shirt für unverschämte fünf Euro, aber auch einen kostenlosen Astronautenanzug und eine Halloween-Maske. Die Entwickler präsentieren zudem laufend neue Kostüme, die die Puppen zu großen Spielehelden wie Kratos aus "God of War" oder Nariko aus "Heavenly Sword" mutieren lassen.

Die Konkurrenz schläft nicht

Schon jetzt ist sicher: "Little Big Planet" wird nicht das einzige Spiel bleiben, dass auf "User-generated content" setzt. Auch Microsoft plant mit "Boku" einen ähnlichen Games-Baukasten für Xbox 360 und PC, der wie "Little Big Planet" allein per Gamepad und Icons gesteuert wird. Aber auch die Editoren zu Ego-Shootern und anderen komplexen Spielen werden in Zukunft immer einfacher zu bedienen sein. Hier zeigt derzeit "Far Cry 2" von Ubisoft wie ein moderner Editor auszusehen hat. Spiele von Fans für Fans können so schneller und auch ohne tiefergehende Programmierkenntnisse entstehen. Die Do-it-yourself-Ära hat, fast zehn Jahre nach Counterstrike, gerade erst begonnen.

"Little Big Planet" erscheintfür Playstation 3, freigegeben ab sechs Jahren, Preis: ca. 65 Euro. Außerdem bietet Sony ein Paket aus PS3 und "Little Big Planet" für ca. 400 Euro an.

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