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Voll verkachelt: Fenster zur Tablet-Welt

Windows 8 sieht aus wie Microsofts Smartphone-Betriebssystem. Aber wie gut ist es für den PC geeignet? Ein erster Praxistest.

Rund 1500 Funktionen wurden geändert, das Erscheinungsbild komplett erneuert. Künftig wird der Computer schneller starten, beschleunigt surfen, besser in die Cloud integriert sein und zudem einen App-Store wie bei Apple erhalten. Und das alles mit Geräten, die für das Vor-Vorgänger-System entwickelt wurden. Microsoft möchte mit Windows 8 einen ähnlich großen Sprung machen wie einst mit Windows 95. Auf einer Entwicklerkonferenz in Kalifornien wollte das Software-Unternehmen in dieser Woche zeigen, dass es sich dabei um mehr handelt als wohlklingende Ankündigungen.

Noch befindet sich Windows 8 in einem sehr frühen Stadium. Es gibt keinen genauen Termin für den Start, der von Marktbeobachtern für die zweite Jahreshälfte 2012 erwartet wird. Zudem wird das aktuelle Windows 7 erst im Oktober zwei Jahre alt. Wir haben uns die Entwickler-Vorschauversion von Windows 8 genauer angesehen. Auch wenn viele Funktionen wie beispielsweise der Windows Store noch nicht zur Verfügung stehen, konnten wir uns damit einen ersten Eindruck davon machen, welche Fenster das neue Windows aufstoßen wird.

Mit dem bekannten Windows hat diese Version nichts gemein, zumindest nicht optisch. Das neue „Metro“-Design mit den vielen bunten „Life-Kacheln“ auf dem Startbildschirm stammt von Microsofts Mobilsystem Windows Phone 7. Jede Kachel steht für eine App, also zum Beispiel für das Mail-Programm, den Zugang zu Twitter oder ein Zwischendurchspiel. Die Kacheln dienen anders als die Programm-Icons nicht nur dazu, eine Anwendung zu starten. Sie zeigen bereits in Kurzform an, welche neuen Mails eingetroffen sind oder was es in den Lieblings-Blogs Neues gibt. Dieses Prinzip will Microsoft mit Windows 8 auf die großen Bildschirme von Tablet-PCs, Schreibtisch-Computern und Notebooks bringen. Und die Verbindung geht noch weiter: Selbst die Spielewelt der Xbox soll in Windows 8 integriert werden.

Wer nie zuvor ein Smartphone oder einen Tablet-PC in Händen gehalten hat, wird beim Anblick von Windows 8 möglicherweise einen Kulturschock erleben. Dabei war es Microsoft mit Windows 7 gerade erst geglückt, den Ärger vieler Nutzer mit Windows Vista vergessen zu machen. Die Entwickler-Preview von Windows 8 ist jedenfalls das verspielteste Windows aller Zeiten – nicht nur optisch, sondern auch mit den vielen Mini-Spielen. Das Astronauten-Game „Zero Gravity“ macht ähnlich süchtig wie einst das Kisten-Schiebespiel Sokoban. Und auch das Puzzle-Spiel mit den falsch platzierten Kachel-Bildern ist ebenso simpel wie genial. Dabei haben die Spiele mehr als nur unterhaltsamen Wert. Sie demonstrieren zugleich, wie sich ein Tablet-Windows anfühlen kann. Die Spiele lassen sich zwar auch mit der Tastatur beziehungsweise der Maus spielen, doch richtig zu Hause fühlen sie sich erst auf einem Touchscreen-Display, das mit den Fingern bedient wird.

Selbst bei der Windows-Anmeldung hat die spielerische Gestensteuerung Einzug gehalten. Neben der gewohnten Anmeldung mit dem Kennwort gibt es nun das „Picture-Password“. Dabei werden auf einem selbst ausgewählten Bild zwei zuvor bestimmte Punkte angetippt und ein Strich gezogen, zum Beispiel erst über die beiden Augen und dann den Mund einer Person, danach gibt Windows den Bildschirm frei.

Trotz aller optischen Änderungen soll Windows 8 ein System bleiben, mit dem gearbeitet werden kann. Sämtliche Programme, die mit Windows 7 funktioniert haben, sollen mit dem neuen Betriebssystem harmonieren. Auch den gewohnten Desktop gibt es weiterhin, er öffnet sich allerdings nicht mehr automatisch. Der Windows-Explorer, mit dem die Dateien verwaltet werden, zeigt zudem, dass nun die bereits von den Office-Programmen bekannten neuen Menüs in Windows Einzug halten. Die jeweils benötigten Funktionen werden in sogenannten Bändern am oberen Rand angeboten. Auch das ist gewöhnungsbedürftig, aber dann sehr praktisch.

Zu den neuen Funktionen gehört die Stromspartechnik „Connected Standby“. Dabei wechselt Windows immer mal wieder vom Tiefschlaf in eine Art Aufmerksamkeitsphase, damit Apps beispielsweise für Mails, Facebook oder das Wetter aufgefrischt werden können. So ist das System nach dem Aufwachen immer auf dem neuesten Stand. Eine weitere sinnvolle Neuerung besteht darin, dass Windows automatisch die effektivste Netzwerkverbindung aktiviert, So können nicht zuletzt unnötige Kosten für mobile Verbindungen vermieden werden. Auch Cloud-Dienste wie der Netzwerkspeicher Skydrive werden nun über die Windows Live ID im Hintergrund automatisch eingebunden. Zudem wurde das Multitasking für die Darstellung auf Tablet-PCs modifiziert. Mit dem Finger oder der Maus lässt sich nun eine zweite geöffnete Anwendung sehr bequem von links auf den Bildschirm ziehen, um sie dort neben der bereits vorhandenen Anwendung zu verankern oder an ihre Stelle zu treten. So kann beispielsweise in einem größeren Bereich ein Film laufen, der in einer kleineren Twitter-App links daneben kommentiert wird.

Gewöhnungsbedürftig ist allerdings, dass viele Anwendungen und Apps randlos dargestellt werden. Das gilt auch für den Internet Explorer. Zwar öffnen sich nach einem Rechtsklick zwei schwarze Felder am oberen und unteren Rand mit den geöffneten Webseiten im Überblick und einem Adressfeld, doch viele bekannte Elemente wie die Favoritenliste sucht man erst einmal vergebens. Dafür profitiert der Internet Explorer 10 von der verbesserten Hardware-Beschleunigung. Selbst auf unserem älteren Testrechner bauten sich die Seiten erstaunlich rasant auf und ließen sich angenehm sanft durchscrollen. Überhaupt sind die Hardware-Anforderungen von Windows 8 moderat. Ein Computer mit Ein-Gigahertz-Prozessor, einem Gigabyte Arbeitsspeicher und 16 Gigabyte freiem Speicherplatz reicht aus.

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