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Googles VR-Brille Daydream View (69 Euro, benötigt Smartphone Pixel oder Pixel XL) ist aus sehr leichten Materialien gefertigt und wird über eine kleine Fernbedienung gesteuert.

© dpa

VR-Brille Daydream View im Test: Bloß nicht Stillsitzen

VR-Spiele, 3-D-Filme, 360-Grad-Fotos: An Googles VR-Brille Daydream View fasziniert vor allem die Bündelung verschiedener Anwendungen unter einer Oberfläche. Dabei kommt die Technik ganz schön ins Schwitzen.

Das Bild des Tadsch Mahals in Indien mit seinen Kuppeln und Türmen ist weltbekannt. Setzt man sich die VR-Brille Daydream von Google auf, sieht man jedoch nicht nur das imposante weiße Mausoleum, das ein Großmogul im 17. Jahrhundert zur Erinnerung an seine große Lieben erbauen ließ, in der Frontalansicht. Dreht der Träger der Brille seinen Kopf, erkennt er, dass es vielmehr ein Teil einer viel größeren Anlage mit diversen weiteren imposanten Gebäuden ist. Über eine kleine Fernbedienung kann er den Standort so verändern, als ob sich der Träger der Brille tatsächlich über das Gelände bewegt. Und hat man das Tadsch Mahal erkundet, kann man zu weiteren Sehenswürdigkeiten wie der Ruinenstadt Machu Picchu in Peru, nach Patagonien oder zur neuen Elbphilharmonie in Hamburg wechseln.

In diesem Jahr kommen diverse Brillen für die Virtuelle Realität (VR) auf den Markt. Manche Modelle sind vor allem für Videospiele geeignet und zudem recht teuer. Die preiswerteren Geräte wie die VR-Brille von Samsung benötigen ein Smartphone als Bildschirm. Die aus einem weichen mit Stoff bezogenen Material gefertigte sehr leichte Daydream-Brille funktioniert derzeit ausschließlich mit den beiden neuen Pixel-Smartphones von Google. Aber auch andere Smartphones mit hochauflösendem Display, schneller Grafik und geeigneter Sensoren können das System nutzen. Google arbeitet dabei mit anderen Android-Smartphoneherstellern wie HTC, ZTE, Huawei, Xiaomi, Alcatel, Asus, LG, Motorola und HTC zusammen.

Den Dreh mit der Fernbedienung

Zwei Sachen sind besonders an der Google-Brille: die kleine, sehr einfach zu bedienende Fernbedienung und die App. In der App kommen verschiedene Anwendungen zusammen. Sie alle lassen sich mit der gleichen Fernbedienung nutzen, so dass man den Umgang damit nur einmal erlernen muss. Bereits nach wenigen Minuten hat man den Dreh raus – im wahrsten Wortsinne, denn Stillsitzen sollte man mit einer VR-Brille nicht.

Die Bilder von Tadsch Mahal und Machu Pichu sind Bestandteil von Google Streetview, ständig kommen weitere Sehenswürdigkeiten und interessante Orte hinzu. In Youtube VR sind die Videoclips ebenfalls für VR-Brillen optimiert. Spektakulär ist zum Beispiel die Mitfahrt auf dem Surfbrett beim Wellenreiten vor Haiti. Aber auch der Steigflug eines Wetterballons bis weit über die Reiseflughöhe eines Linienflugzeuges hinaus ist atemberaubend. Einen Besuch im Naturkundemuseum in London sollte man ebenfalls einplanen. Dort befindet sich das Skelett eines Rhomaleosaurus, der mit der VR-Brille zum Leben erweckt wird und in wenigen Zentimeter Entfernung am Betrachter vorbeischwimmt.

Mit entsprechenden Kameras für 360-Grad-Aufnahmen können eigene VR-Videos gedreht werden. 360-Grad-Fotos für Google Photos lassen sich hingegen direkt mit dem Pixel-Handy anfertigen. Dafür wird das Programm Cardboard Camera geladen, für die Aufnahmen muss man sich einmal um die eigene Achse drehen, damit die Betrachter später eine komplette Rundumsicht haben.

Kommerziell ist die Brille besonders für Videostreaming-Dienste interessant, denn so hat man sein eigenes 3-D-Kino immer dabei. In den USA sind Hulu, HBO und Netflix Filme bereits im Boot, wir konnten die Funktion mit Filmen von Google Play Movies ausprobieren.

Mit einer ausgewachsenen VR-Brille für eine Spielekonsole können Smartphone-Brillen nicht mithalten, aber kleinere Spiele lassen sich auch damit erleben. Google hat der Daydream eine kleine Sammlung von Mini-Spielen namens Wonderglade dazugelegt. Damit lässt sich eine Partie Mini-Golf oder etwas Zauberstab-Wedeln spielen. Eine weitere großartige Anwendung ist Google Arts & Culture für den virtuellen Museums- und Ausstellungsbesuch.

Abkühlpause nach 20 Minuten

So scharf wie auf dem Fernseher sind die Bilder in der Daydream-Brille zwar nicht, dennoch ist das Ergebnis beeindruckend. Der Bildschirm des etwas größeren Pixel-Modells XL liegt mit 2560 × 1440 Pixeln deutlich über dem HD-Standard. Selbst bei der Aufteilung des Bildschirms für jedes Auge reicht die Auflösung aus. Das Pixel-Smartphone hat zudem genügend Leistung, um die VR-Bilder zügig verzögerungsfrei zu berechnen. Der unangenehme Nachzieheffekt, der zu Unwohlsein führen kann, tritt daher nicht auf. Speziell bei Spielen erwärmt sich das Handy jedoch so stark, dass nach gut 20 Minuten eine Abkühlpause eingelegt werden musste. Aber auch der Nutzer sollte ab und zu eine VR-Pause machen. Beim Abspielen von Filmen trat diese Überhitzung nicht auf.

Fazit: Für Besitzer eines Pixel-Smartphones sind die rund 70 Euro für die Brille eine gute Investition. Das dürfte auch für vergleichbare andere Android-Smartphones gelten. Bereits zum Start steht eine breite Palette von Anwendungen für Googles VR-Brille zur Verfügung, vieles ist umsonst, für einiges muss extra gezahlt werden. Insgesamt zeigt die Daydream-Brille, dass VR mehr ist als eine neue Technik für Videospiele. Sie macht aber auch deutlich, wie viele Lebensbereiche inzwischen von Google erschlossen wurden.

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