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Medien: Diskreter Klatsch

Von Norbert Thomma Es war kein leichter Tag für den Arbeitsrichter Harald Wanhöfer. Am Mittwoch war es brütend heiß in München, und dann lagen ihm auch noch äußerst diffizile Fragen zur Prüfung vor: Wurde der deutsche Verteidigungsminister in den Räumen der „Bunten“ verhöhnt?

Von Norbert Thomma

Es war kein leichter Tag für den Arbeitsrichter Harald Wanhöfer. Am Mittwoch war es brütend heiß in München, und dann lagen ihm auch noch äußerst diffizile Fragen zur Prüfung vor: Wurde der deutsche Verteidigungsminister in den Räumen der „Bunten“ verhöhnt? Dürfte ein ehemaliger Redakteur überhaupt darüber schreiben? Und fügte er damit der Illustrierten unermesslichen Schaden zu?

Und so schwitzte Dr. Harald Wanhöfer um 14 Uhr 15 im Sitzungssaal 6, 1. Stock, vor sich die 18-seitige Klageschrift der „Bunte Entertainment Verlag GmbH“, eine Protokollantin in Trainingsjacke, zwei Anwälte sowie den Beklagten Philipp Maußhardt. Der Anlass des juristischen Streits hatte in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS) gestanden: „Was haben wir gelacht. Nein: gejohlt! Uns die Bäuche gehalten, als Uli Skorupa, Starfotograf von ,Bunte’, im vergangenen August diese Bilder auf den Redaktionstisch legte. ,Das, das, das!’ riefen manche in einer Art ausgelassener Schullandheimstimmung und zeigten mit den Fingern auf ein Foto, das den deutschen Verteidigungsminister zeigte, wie er in einem Swimmingpool seiner Geliebten einen Wasserstrahl aus seinem Mund mitten ins Gesicht spritzt: ,Das muss auf den Titel’!“

Autor des Artikels vom 7. April war Philipp Maußhardt, bis Jahresende noch Chefreporter bei „Bunte“.

Darf der das? Das Klatschblatt aus München fand: Nein. Schließlich habe der Beklagte mit der Unterschrift unter seinem Arbeitsvertrag gelobt „Stillschweigen gegenüber Dritten zu bewahren und solche Redaktions- und Geschäftsgeheimnisse auch nicht selbst auszuwerten“. Andererseits: Ist beobachtetes Lachen ein anvertrautes Geheimnis? Beim „People- Magazin“ sehen sie das so, zumal mit derlei Indiskretionen die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Prominenten gefährdet sei. Wenn Scharping wüsste, dass sie sich bei „Bunte“ amüsiert auf die Schenkel klatschen, wenn er nicht nur der Liebe anheim-, sondern auch noch ins Wasser fällt… Und würde Rezzo Schlauch seinen wohlgenährten Leib in Badehose zeigen, nur um die „Bunte“-Redaktion zu erheitern?

Nicht viel besser machte die Sache, dass der „Spiegel“ wenig später süffisant die nettesten Passagen aus der „FAS“ zitierte, denn damit wurde die von Maußhardt beschriebene Szene „endgültig einem Millionenpublikum bekannt“ (Klageschrift). Daraufhin, behauptet die Illustrierte, seien bereits vereinbarte Interviews zurückgezogen worden, die Promis gingen auf Distanz. Im aktuellen Heft jedoch outet sich Renate Künast als Fan von Prinz Charles, und vor zwei Wochen sprach Otto Schily episch „über Frauen, seinen harten Job“, und er lüftete „das Geheimnis seiner Frisur“.

Nun also standen die Beteiligten in einem schmucklosen Raum, an der Wand nur ein gusseisernes Kruzifix, Schwabing, Winzererstraße 104. Eine halbe Stunde, und Richter Wanhöfer steuerte auf einen Vergleich zu. Danach muss Autor Maußhardt einen Brief an Rudolf Scharping schreiben und eingestehen, er habe die Situation in der Redaktion überspitzt dargestellt, die „Bunte“ treffe keine Schuld. Im Gegenzug verzichtet das Blatt auf die Forderung nach Schadensersatz. Der Beklagte akzeptierte, die Klägerin kann binnen zweier Wochen widerrufen.

Es war schwül im Gericht, Harald Wanhöfer hatte die schwarze Robe abgelegt, trug weißes Hemd und weiße Krawatte. Wenn er bisweilen beim Friseur sitze und in der „Bunten“ blättere, merkte der Richter an, da lese er dort viele Interna über Prominente; nun beschwere sich die „Bunte“, wenn über eigene Interna berichtet werde – „das hat doch was!“ Kann es sein, dass Dr. Wanhöfer da leicht ins Schmunzeln kam? Keinesfalls aber hat er gelacht, schon gar nicht gejohlt.

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