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Dokumentation: Als Päpste wie Könige herrschten

Machthunger und Prunksucht der Kirche: Eine "ZDF-Expedition" ins Mittelalter.

Der Weg von Canossa nach Konstanz lässt sich nicht nur in Kilometern messen. In der christlichen Zeitrechnung beträgt er 350 Jahre. So viel Zeit verging zwischen dem Machtkampf von Heinrich IV. und Papst Gregor VII., der im Jahr 1077 mit dem Bußgang des deutschen Königs nach Italien seinen historischen Höhepunkt erreichte, und dem Konzil von Konstanz, mit dem die abendländische Kirchenspaltung zu Beginn des 15. Jahrhunderts gerade noch einmal abgewendet wurde. Zwischen diesen beiden historischen Daten bewegt sich an diesem Sonntag der erste von drei Teilen der neuen Reihe „Imperium der Päpste“, in der Maximilian Schell im Rahmen der „ZDF Expedition“ vom Kloster Ebersbach aus die Zuschauer auf eine Zeitreise weit zurück in die katholische Kirchengeschichte mitnehmen will.

Die Geschichte der Kirche ist die Geschichte Europas: Intrige, Verrat, Mord, unstillbarer Machthunger und unvorstellbare Prunksucht – die Päpste des Mittelalters bieten alle Zutaten für eine spannende Doku-Reihe. Um sie lebendig zu gestalten, wurden wichtige Ereignisse nachgespielt. In den Re-Enactments schleppt sich beispielsweise Heinrich IV. im Büßergewand über schneebedeckte Alpenpässe, um dann drei Tage und Nächte vor der Burg von Canossa auszuharren. Erst danach wurde er von Papst Gregor wieder in den Schoß der Kirche aufgenommen. Dekoriert wird das Ganze mit bildhafter Symbolik; Päpste mit roten Roben und ebenso roten Handschuhen knien neben Kerze und Kreuz zum Gebet, Ritter in Kettenhemden erheben ihre Schwerter und auf den Marktplätzen tobt das leichte Leben mit den unvermeidlichen Feuerspuckern. Per Computeranimation baut sich sodann der Petersdom auf, erst langsam vom Fundament bis zur von Michelangelo geschaffenen Kuppel, um dann in rasanter Kamerafahrt ins zentrale Innere vorzudringen, zu Berninis Baldachin über dem Grab von Petrus, und hinunter unter den Dom, der nun aufgeschnitten wie ein Bergwerk daliegt und die alte Totenstadt zeigt mit einer geheimnisvollen Inschrift: „Petros eni – hier liegt Petrus“.

Die Frage nach kirchlicher und weltlicher Macht zieht sich durch den zweiten Teil der Papst-Dokumentation zu Zeiten der Renaissance. Papst Sixtus IV. lieferte sich einen erbitterten Kampf mit den Medici und hinterließ der Menschheit die Sixtinische Kapelle. Die Ziele des Borgia-Papstes Alexander VI. waren einfacherer Natur. Ihn interessierte vor allem seine Familie, an die er den Papsttitel am liebsten vererbt hätte, und die Frauen. Der dritte große Renaissance-Papst Julius II. regierte gar als Kriegerpapst mit Tiara und Schwert. Er wollte Rom zu alter Macht zurückführen und legte zudem den Grundstein für den neuen Petersdom. Hundert Jahre und zehn Päpste später wird das Jahrtausend-Bauwerk mit dem Platz für 60 000 Gläubige fertiggestellt.

Es sind alte Männer auf alten Gemälden, die Maximilian Schell präsentiert, und man kauft ihm das Unverständnis ab, mit dem er von der Verführung und der Verblendung der Mittelalter-Päpste berichtet. Dem Zuschauer bieten sich endlose Regalmeter in uralten Archiven mit Briefen und Bibeln, aber auch Rechnungsbücher von päpstlichen Inaugurationsfeiern mit Tausenden von Rindern, Schweinen und Torten. Denn im dritten Teil geht es um alles oder nichts. Die Verschwendung nimmt kein Ende, auch unter Leo X. nicht, der die katholische Kirche mit dem Ablasshandel sanieren will, aber damit Luther mit seinen 95 Thesen auf den Plan ruft.

So beeindruckend die Geschichten sind, die die Autoren Jens–Peter Behrend, Michael Gregor, Jan Peter, Luise Wagner-Roos und ZDF-Redakteur Hans- Christian Huf zusammengetragen haben, so spektakulär ist die Pracht, mit der sich einige Nachfolger Petri – der Vatikan kommt nach offizieller Zählung auf 264 Päpste auf dem Heiligen Stuhl – umgeben haben. Besonders die Aufnahmen aus dem Papstpalast in Avignon sowie aus der Sixtinischen Kapelle oder dem Apostolischen Palast in Rom bleiben haften.

Etwas Volkshochschule gibt es ebenfalls: So erfährt der Zuschauer, dass die Tiara, die Krone des Papstes, gleich für drei Kronen steht. Eine für das Himmelreich, eine für die Erde und eine dritte für die Stadt Rom. Verwirrender sind hingegen die Papstnamen. Nur die wenigsten werden sich am Ende erinnern, in welcher Reihenfolge Gregor, Klemens, Bonifaz, Sixtus, Julius oder Leo den Fischerring trugen.

„Imperium der Päpste. 1. Teil: Duell zwischen Kreuz und Krone“; ZDF, 19 Uhr 30. Teil zwei und drei an den nächsten beiden Sonntagen.

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