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Dokumentarfilmer Pepe Danquart (rechts) kann die Routine von Medienprofi Joschka Fischer nicht durchbrechen. Foto: SWR

© SWR/quintefilm/Kolja-Brandt

Dokumentation: Das Joschka-Fischer-Solo

Kaum ein anderer Politiker löst so starke Emotionen aus wie Joschka Fischer. Pepe Danquarts Doku „Joschka und Herr Fischer“ dringt jedoch nicht zu dem Mann hinter dem Politiker vor.

Ein düsterer Raum, von der Decke hängen flache Monitore aus Glas, über die Bilder aus deutscher Geschichte flimmern. Und aus Joschka Fischers politischem Leben, was manchmal ein und dasselbe ist. Fischer erläutert, doziert, mal amüsiert er sich, dann legt er seine Stirn besorgt in Elder-Statesman-Falten und verfällt in formelhaftes Politikerdeutsch. Pepe Danquarts Film „Joschka und Herr Fischer“, der am Dienstag auf Arte und eine Woche später im Ersten läuft, ist ein unterhaltsamer Streifzug, denn die Geschichte ist reich und die Auswahl der Musik sowie die Montage der vielen, auch weniger bekannten Archivbilder belegen das Können des Dokumentarfilmers. Aber die Routine eines vor Kameras geübten Medienprofis bricht dieses Konzept nicht auf. Es bleibt der schale Beigeschmack einer künstlerisch wertvollen Gelegenheit zur Selbstdarstellung.

Immerhin, es gibt gelegentlich Momente, in denen der Film hinter die Bilder auf Glas zu blicken vermag. „Zum ersten Mal war ich gefangen“, sagt Fischer über seine Zeit als hessischer Umweltminister. An seinem ersten Arbeitstag filmte ihn eine Meute Kameraleute. Der erste Grüne am Ministerschreibtisch – ein historischer Moment. Er muss fürs Foto irgendwelche Akten unterschreiben. Als die Medienmeute abgezogen ist, „war niemand mehr da“. Fischer, eben noch im Mittelpunkt, spürt die Einsamkeit der Macht.

Es dürfte schwer sein, in Deutschland einen Politiker zu finden, der ähnlich starke Emotionen auslöst wie Joschka Fischer. Was an seiner Streitlust, seinem Redetalent, seinem starken Ego und dem ebenso starken Machtwillen gelegen haben mag, aber auch an seiner einzigartigen Biografie: vom Sponti zum Straßenkämpfer zum Taxifahrer zum Buchhändler zum Bundestagsabgeordneten zum Umweltminister zum Bundesaußenminister und Vizekanzler. Ein praller Stoff, der mühelos 120 Fernsehminuten füllt, 20 weniger als im Kino.

Danquart unterbricht das Fischer-Solo nur für einige „Exkurse“, in denen Zeitgenossen ein paar Sätze zum Zeitgefühl beitragen dürfen, darunter SPD-Urgestein Hans Koschnik, Schauspielerin Katharina Thalbach und Publizist Roger de Weck. Mit Fischer selbst hat das nur am Rande zu tun, mal abgesehen von den Beiträgen Daniel Cohn-Bendits, des ehemaligen Frankfurter Wohngenossen. Beide beratschlagten Anfang der 1980er Jahre, wie sie es mit der neu gegründeten Partei der Grünen halten wollten. Einer von beiden sollte da einsteigen, „das blieb an mir hängen“, meint Fischer. „Ich verdanke meiner Partei unglaublich viel, aber ich habe mich an ihr auch erschöpft“, sagt er am Ende.Thomas Gehringer

„Joschka und Herr Fischer“; Arte um 21 Uhr 45, sowie ARD, 28. Mai um 22 Uhr 45

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