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In Treue fest. „Der Glaube und die Werte“ der Sarah Palin, das gibt es auch in Buchform. Ihre Anhänger kommen vor allem aus der Tea-Party-Bewegung. Foto: AFP

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Doppelrolle: TV-Studio oder Weißes Haus?

Sarah Palin jongliert gekonnt mit ihren Rollen als Journalistin und als Politikerin. Ganz davon abgesehen, dass dies auch finanziell attraktiv ist.

Ist sie der Prototyp der „Journolitikerin“, eines neuen Hybriden im öffentlichen Leben? Offiziell ist Sarah Palin derzeit Journalistin bei Fox, dem konservativen Sender, der im Kampf um Zuschauerzahlen seit 2007 mit den traditionellen großen Drei – ABC, CBS, NBC – gleich gezogen hat und bei politischen Sendungen Platz eins nach der Einschaltquote belegt. Regelmäßig wird Palin aus einem TV-Studio, das sie neben ihrem Wohnhaus in Alaska eingerichtet hat, in die wichtigsten Talks von Fox geschaltet; Ehemann Todd fungiert als Kameramann.

Sie übt kein öffentliches Wahlamt aus. Aber sie war Vizepräsidentschaftskandidatin der Republikaner sowie Gouverneurin von Alaska. Und ist die sichtbarste Führungsfigur der „Tea Party“, der rechtskonservativen Basisbewegung im republikanischen Lager, und gilt als potenzielle Präsidentschaftskandidatin 2012. Deshalb nährt Sarah Palin mit allem, was sie als Journalistin unternimmt, die Vermutung, sie habe dabei ihre weitere politische Karriere im Blick.

In diesen Tagen ist die Verbindung besonders auffällig. Am Sonntag zeigte der Kabelsender TLC die erste Folge der achtteiligen Serie „Sarah Palin’s Alaska“. Am kommenden Dienstag erscheint ihr zweites Buch: „America by Heart. Reflections on Family, Faith and Flag“. Zwischendurch gab sie Barbara Walters von ABC ein Interview, das zwar erst am 9. Dezember ausgestrahlt wird, aber jetzt schon Schlagzeilen macht: sie traue sich zu, Barack Obama bei der Präsidentschaftswahl 2012 zu schlagen.

Das Zusammenspiel der Doppelrolle als Medienstar und Spitzenpolitikerin ist höchst einträglich und lässt ihr beide Optionen offen: aufs höchste Staatsamt oder auf ein sorgloses und nicht zu arbeitsintensives Leben als Multimillionärin. Selbst gut informierte Insider in den USA rätseln, was ihr wahres Ziel ist.

Für die jeweiligen Teilbereiche, aus denen sich Sarah Palins Erfolg zusammensetzt, gibt es Vorbilder. Ex-Präsident Bill Clinton, der aus ähnlich bescheidenen Verhältnissen stammt, hat vorgemacht, wie man eine abgeschlossene politische Karriere und die gewonnene Prominenz vermarktet. Seit dem Ende seiner Präsidentschaft ist sein Vermögen dank Buchtantiemen und Redehonoraren auf über hundert Millionen Dollar gewachsen. Palins Karriere als Politikerin war viel kürzer: zweieinhalb Jahre Gouverneurin; sie trat nach der guten Hälfte der Amtszeit zurück; und drei Monate im nationalen Rampenlicht als Vizepräsidentschaftskandidatin. Aber auch Palin zahlen viele bereitwillig 100 000 Dollar für einen Auftritt. Ihr erstes Buch „Going Rogue“ hatte sich wenige Wochen nach dem Erscheinen Mitte November 2009 mehr als eine Million Mal verkauft. Man darf wetten, dass das neue Buch nicht schlechter läuft. Will sie überhaupt wieder ein politisches Amt anstreben? Finanziell wäre es ein empfindlicher Rückschritt. Zwei Teile ihrer TV-Serie über Alaska bringen ihr mit 500 000 Dollar mehr ein, als der US-Präsident im ganzen Jahr verdient.

Andererseits hat Barack Obama vorgemacht, dass zwei Bestseller-Bücher als Startrampe auf dem Weg ins Weiße Haus dienen können. Freilich war er Berufspolitiker geblieben, als 2004 „Dreams From My Father“ erschien, das seinen familiären Hintergrund, prägende Kindheitserfahrungen sowie seine Identität schildert, und als 2006 „The Audacity of Hope“ folgte, in dem er seine politische Philosophie ausbreitet.

Die Vergleiche mit Clinton und Obama geben keine eindeutige Antwort auf die Frage, ob die 46-Jährige mit Wahlämtern abgeschlossen hat und nur mit den Spekulationen kokettiert, um ihren medialen Marktwert zu halten – oder ob sie ihre zweite politische Karriere vorbereitet. Niemand kann jedenfalls die Interpretation widerlegen, sie sei doch nur in ihren Ausbildungsberuf zurückgekehrt. Sie hat Journalismus studiert und anfangs als Sportreporterin gearbeitet.

Auch die Art ihrer Fernsehpräsenz lässt beide Deutungen zu. In der Alaska- Serie agiert sie wie selbstverständlich in einer wunderschönen und Ehrfurcht gebietenden Landschaft. Sie springt über Gletscherspalten, klettert am schneebedeckten Mount McKinley, fischt Lachse aus klaren Gewässern, pirscht sich an eine Bärenmutter und ihre Jungen heran. Sie zeigt den Amerikanern ihre Heimat. Und tut zugleich etwas für ihre eigene Wahrnehmung. Die Präsidentschaftskampagne 2008 und ihre Auftritte für Kandidaten der „Tea Party“ vor der Kongresswahl 2010 haben sie bekannt gemacht. Aber wegen der scharfen Töne sind ihre Negativwerte noch schneller gestiegen als ihre Sympathiewerte. Die Alaska-Serie zeigt sie von einer weicheren Seite.

Gut möglich, dass nicht einmal sie selbst heute weiß, ob sie im Frühjahr 2011 ihre Präsidentschaftskandidatur 2012 erklärt oder es nur darauf anlegt, die Option teuer zu vermarkten.

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