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Im dritten Taunus-Krimi fühlt sich Ermittlerin Pia Kirchhoff (Felicitas Woll) von einem Stalker (Edin Hasanovic) sprichwörtlich in die Ecke gedrängt. Foto: ZDF

© Johannes Krieg

Dritte Nele-Nehaus-Verfilmung: Abgründe im Taunus

„Mordsfreunde“ haben stets böse Absichten: Beim dritten Nele-Neuhaus-Krimi handelt es sich um zwei Filme in einem. Das bekommt der Dramaturgie gar nicht gut.

Fünf Millionen Bücher hat die im hessischen Taunus zwischen Wiesbaden und Frankfurt am Main lebende Krimi-Autorin Nele Neuhaus mittlerweile verkauft. Es ist keine zehn Jahre her, als die damalige Hobby-Autorin 2005 im Selfpublishing-Verlag ihren ersten Roman „Unter Haien“ veröffentlichte und die gedruckten Exemplare aus der Privat-Garage heraus verkaufte. Damals war sie noch mit dem Fleischwaren-Fabrikanten Neuhaus verheiratet und arbeitete in dessen Firma mit. Ein zweites Buch folgte, nur ein Jahr später, es hieß „Eine unbeliebte Frau“. Es war zugleich der erste Nele-Neuhaus-Taunus-Krimi und die Geburt ihres späteren Erfolgs-Ermittler-Gespanns Pia Kirchhoff und Oliver von Bodenstein.

Das dritte Buch schließlich, „Mordsfreunde“ – dessen Verfilmung am Montag im ZDF zu sehen ist – entdeckte die Berliner Ullstein-Verlagsgruppe und nahm die seinerzeit noch vollkommen unbekannte und unbedarfte Autorin unter Vertrag bei einer ihrer Verlagstöchter, dem List Verlag. Vom Schreiben kann die 1967 in Münster als Cornelia Löwenberg geborene und seit 1978 im Taunus lebende Krimi-Bestsellerautorin längst sehr gut leben. Gerade hat sie auf der Frankfurter Buchmesse ihren neuesten, nunmehr siebten „Taunus-Krimi“ – gemeinsam mit der Schauspielerin Felicitas Woll – vorgestellt: „Die Lebenden und die Toten“. Seit dieser Woche nun liegt der Krimi aus dem Stand heraus auf Rang zwei der Bestseller-Liste. So etwas gelingt einer deutschen Autorin eher selten.

Seit Herbst 2012 werden ihre hessisch-mörderischen Geschichten vom ZDF auch für den Bildschirm adaptiert – „Schneewittchen muss sterben“ machte im Februar 2013 den märchenhaft inszenierten Auftakt – 6,76 Millionen sahen den TV-Einstand der beiden ungleichen Ermittler Kirchhoff und von Bodenstein. Im Mai 2013 folgte mit „Eine unbeliebte Frau“ der zweite Wurf. Beide Filme wurden hintereinander en bloc gedreht. Nun also, nach immerhin anderthalbjähriger Zäsur, sind die „Mordsfreunde“ dran, Neuhaus-Film Nummer drei.

Als die Mitarbeiterin des Opel-Zoos im hessischen Kronberg den Schubkarren mit dem frischen Futter-Gras umkippt, starrt sie entsetzt auf den Gegenstand, der mit der Ladung vom Karren purzelt: eine abgehackte menschliche Hand. An anderen Stellen finden sich alsbald weitere Leichenteile – hier ein Arm, dort ein Fuß. Irgendwann findet sich auch der dazugehörige Rumpf des Gymnasiallehrers Hans-Ulrich Pauly (in den Rückblenden: Guido Broscheit) ein.

Der Tote hatte viele Feinde, alle scheinen verdächtig

Der Mann, das erfahren Pia Kirchhoff (Felicitas Woll) und Oliver von Bodenstein (Tim Bergmann) bei ihren Untersuchungen rasch, war im Ort nicht sonderlich beliebt. Militanter Tierschützer war er. Eigentlich hatte der Herr Pauly sogar verdammt viele Feinde: Christoph Sander (Peter Davor), seines Zeichens Zoo-Direktor, zum Beispiel. Oder Franz-Joseph Conradi (Michael Brandner), der im Ort mit seiner Frau Bärbel (Petra Kleinert) einen florierenden Feinkost-Catering-Laden betreibt. Oder, oder, oder. Kirchhoff und von Bodenstein haben die Qual der Wahl: alle scheinen verdächtig. Sogar der Conradi-Sohn Franjo (Wilson Gonzalez Ochsenknecht), der im Zoo Sozialstunden ableistet. Als Pia Kirchhoff irgendwann spurlos verschwunden ist, wie vom hessischen Erdboden verschluckt, nimmt der Fall eine unerwartete Wendung.

„Mordsfreunde“ also. Eigentlich alles wie bisher. Zunächst: Der Taunus-Wald, hessische Landschaften, idyllische Ortschaften, im Hintergrund die ferne Skyline von Mainhattan. Und, es ist nebliger Herbst, wie in allen quotenstarken Neuhaus-Fernsehfilmen. Doch diesmal hakt und knirscht es ganz gewaltig in der holprigen Dramaturgie (Drehbuch: Anna Tebbe, Julie Fellmann). Als Pia Kirchhoff schließlich gekidnappt wird, wirkt das, als beginne ein zweiter eigenständiger Film. Der Bruch ist derart stark, dass der innere Halt des Films verloren geht. Der zweite Handlungsstrang mit engagierten Tierschützern und einem Stalker passt nicht nur nicht, er bricht den ersten Handlungsstrang vielmehr abrupt ab. Dramaturgus interruptus. Das ist insofern sehr schade, als die noch sehr junge neue ZDF-Reihe bisher durchaus Gutes zeigte.

Der vierte Neuhaus-TV-Krimi, „Tiefe Wunden“, wurde übrigens auch direkt im Anschluss an „Mordsfreunde“ im Herbst 2013 gedreht. Bei beiden führte Marcus O. Rosenmüller Regie. Vielleicht ist der ja wieder besser? Ansonsten ins Bestseller-Buchregal greifen.

„Mordsfreunde – Ein Taunuskrimi“, Montag, ZDF, 20 Uhr 15

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