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E-Books: Leseschwäche

Das Trendthema E-Book hat das Weihnachtsgeschäft noch nicht erreicht.Vor allem der hohe Preis für die Lesegeräte schreckt ab.

Wachstum ist eben relativ, das gilt genauso für das jüngste Kind der Buchbranche: das E-Book. Denn für die Verlage ist im Moment vor allem Gelassenheit angesagt. „Die Tatsache, dass es Geräte gibt, deren Hauptvorteil darin besteht, Bücherstapel leichter zu machen, macht aus Lesemuffeln nicht automatisch Leser“, sagt Michael Justus, Geschäftsführer des Frankfurter Fischer-Verlags. So sind die elektronischen Bücher, die auf den Buchmessen in Leipzig und Frankfurt äußerst kontrovers diskutiert wurden, für die Verlage derzeit noch Umsatzzwerge, die mehrheitlich erst nach der Printausgabe erscheinen. Im Bereich Sachbuch/Belletristik werden zurzeit 23 Prozent aller deutschsprachigen Neuerscheinungen zusätzlich als E-Book angeboten. Fach- und Wissenschaftsliteratur wird hingegen bereits jetzt anders gelesen. Hier liegt die Abdeckung der E-Books bereits bei 51Prozent, wobei die Verlage für Recht, Wirtschaft und Steuern den Markt anführen.

Als problematisch erweisen sich die hohen Kosten für die E-Book-Lesegeräte, liegen doch die Anschaffungspreise zwischen 200 und 300 Euro. Die Preise für die Software, also für die Bücher, variieren beträchtlich. Sie reichen von nur wenigen Euros über völlige Preisidentität für gebundene Erstausgaben und sogar mehr. Anders als bei Büchern aus Papier gilt für elektronische Bücher der volle Mehrwertsteuersatz. Zudem verteuert der Kopierschutz die Herstellung der elektronischen Werke. Vage genährte Hoffnungen, man könne die Anschaffungskosten durch Lesefleiß wieder hereinlesen, erfüllen sich zumindest bei Neuerscheinungen nicht. Nach Einschätzung von Fischer-Geschäftsführer Michael Justus wird dies auf absehbare Zeit so bleiben. „Wenn wir jetzt gegenüber Lesern die Gleichung ,E-Book gleich billig‘ aufmachen, werden wir ihnen nie wieder etwas anderes vermitteln können – selbst dann nicht, wenn die Entwicklungskosten digitaler Produkte die Herstellungskosten gedruckter Bücher klar übersteigen“.

Elektronische Lesegeräte sorgen im wahrsten Sinne des Wortes für leichte Lektüre, passen doch dank gewaltiger Regalbytes mittlerweile ganze Bibliotheken ins Handgepäck. Nach Meinung der Fachpresse verdienen der Amazon-Kindle und die beiden Sony-Reader, der PRS-505 und die Touch-Screen-Version RPS-600, bislang am ehesten das Prädikat alltagstauglich, allein von der Bildschirmgröße her.

Der Kindle ist nur über den Amazon Store im Internet erhältlich, die Sony-Reader gibt es neben anderen Geräten im Buchhandel. In den 170 Filialen von Sony-Partner Thalia erfährt man mit ein klein wenig Glück Näheres über Buchstabengrößen und Graustufen, Lexikon und Lesezeichen. Mit dem Abverkauf sowohl der Reader als auch der E-Books gibt man sich beiHugendubel und Thalia durchaus zufrieden. „Thalia konnte sich als wichtigster Player für den deutschsprachigen Raum erfolgreich positionieren“ so Sprecherin Mirjam Berle. Rechtzeitig zu Weihnachten scheinen damit stille Kraftakte gelungen, hatten doch im Januar 2009 einer GfK-Studie zufolge 90 Prozent aller Belletristik-Liebhaber noch angegeben, dass sie gedruckte Bücher zu sehr lieben, um mit einem elektronischen Gerät vorlieb- zunehmen.

In Sachen Lesestoff hat Amazon mit 300 000 E-Büchern die Nase vorn, wobei es sich fast ausschließlich um Bücher in Englisch handelt. Dagegen nehmen sich die 8000 Titel für den deutschen Markt von Buchgroßhändler Libri fast bescheiden aus. Mittlerweile sind aber alle wesentlichen deutschen Verlage mit im Boot. Die Spiegel-Bestsellerliste ist weitgehend vertreten. Über die Internet-Präsenzen von Buchhandelsketten wie Thalia und Hugendubel lassen sich die Reader auch betanken. Auch der Börsenverein des deutschen Buchhandels hat mit www.libreka.de eine eigene Zapfsäule eingerichtet.

Dabei ergeben die Internet-Erfahrungsberichte ein geteiltes Bild. Gelobt wird unter anderem, dass die E-Books-Lesegeräte mit unterschiedlichen Formaten zurechtkommen. Dem Kindle von Amazon wird eine präzise Suchwortfunktion und dem Touch-Screen von Sony ausdrücklich viel Markierungsfreundlichkeit bescheinigt. Es ist aber auch Kritisches zu vernehmen. Selbst die Sechs-Zoll-Monitore haben nur die Größe eines Reclam-Heftes, was Viel- und Gerneleser als beengt bemängeln. Die Bildschirmoberfläche ist zwar reflexionsarm, grelle Lichtquellen spiegeln sich dennoch im Display, wenn auch nur schwach. Es dürften somit noch einige Buchmessen vergehen, bis man in den U-Bahnen massenhaft E-Book-Leseratten antrifft.

Michael Lösch

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