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Späte Familienzusammenführung: Victor Frey (Hardy Krüger sen.) mit seiner Tochter Dahna (Dennenesch Zoudé). Foto: ZDF

© Carlo Rola

Böse Weiße, gute Schwarze: Edelkitsch aus Afrika

Nach 25 Jahren erstmals wieder vor der Kamera: Hardy Krüger senior in „Familiengeheimnisse“.

Die Geschichte beginnt mit einer Szene am Sterbebett: In Kenia erfährt die Afrikanerin Dhana (Dennenesch Zoudé) von ihrer Mutter, dass ihr leiblicher Vater ein weltweit erfolgreicher Kosmetikhersteller in Deutschland ist. „Im Film ,Familiengeheimnisse‘ stürzen wir die Zuschauer regelrecht in die Geschichte hinein“, meint Produzent Oliver Berben zu diesem Rumpel-Einstieg, bei dem dem Zuschauer noch jedes Gefühl für die unbekannten Figuren abgeht. Anschließend folgt eine schicksalhafte Dröhnung nach der anderen. Dhana, die als Ärztin für die Hilfsorganisation ihrer Mutter arbeitet, möchte ihren Vater Victor (Hardy Krüger senior) kennenlernen, der sie zwar hocherfreut aufnimmt, dessen Familie ihr aber äußerst ablehnend gegenübertritt. Der schwarze, stolze Unschuldsengel wird konfrontiert mit der kalten, raffgierigen Welt der Weißen und deren dunklen Geheimnissen. Wie etwa dem tödlichen Unfall der jüngsten Schwester vor vielen Jahren.

Die Situation eskaliert, als Victor beschließt, die Hälfte der Firma an eine Stiftung zu übergeben, die unter Dahnas Vorsitz die Hilfsorganisation „Hakima“ der verstorbenen Mutter unterstützten soll. Dahna lehnt diesen Posten zwar ab – doch die Familie hat sie jetzt erst recht gegen sich. Außerdem ist sie sauer auf Victor, weil sie findet, er vermarkte das Andenken ihrer Mutter. Dann taucht plötzlich die Nachricht auf, „Hakima“ habe Spendengelder veruntreut. Dahnas Stiefvater schmachtet deshalb in Kenia im Gefängnis und verkauft schließlich hinter Dahnas Rücken die Rechte am Namen und an den Fotos seiner verstorbenen Frau, die einst ein berühmtes Model war, an Victor.

Und das ist nur der Hauptstrang der Handlung. Nebenher kämpft Leander (Barnaby Metschurat) als ebenso exzentrischer wie jämmerlicher Künstler um die Anerkennung seines Vaters. Tochter Isolde (bemerkenswert laut und unangenehm: Jördis Triebel) spritzt Gift und Galle. Und in Victors Firma intrigieren seine Mitarbeiter mal als Geliebter (Hans-Jochen Wagner) oder als Profitmacher (Devid Striesow).

Nicht nur, dass Namen wie Victor, Leander oder Alexa wie aus dem Lore-Roman klingen, die Figuren müssen auch Sätze sagen wie „Sie war die große Liebe meines Lebens“ oder „Ich kann nicht leben ohne Wahrheit“. Stets geht es um die großen Dramen, Schuld und Sühne, Reich und Arm, Liebe und Einsamkeit. Er wolle eine Art griechische Tragödie erzählen, sagt Regisseur Carlo Rola („Krupp“, „Afrika, mon Amour“) über seinen Film.

Die Fallhöhe ist in dieser Geschichte zugegebenermaßen hoch, doch statt großer Gefühle gibt es allzu oft nur großen Kitsch. Dagegen können auch all die guten Schauspieler nicht ankommen, die streckenweise in einer Art afrikanischem „Schöner Wohnen“ agieren müssen. Der 82-jährige Hardy Krüger senior steht hier erstmals nach 25 Jahren wieder vor der Kamera, wobei er seltsam zurückgenommen wirkt, wie nicht ganz von dieser Welt. Die Regie stellt ihn und die anderen Figuren stets genau abgezirkelt in den Raum hinein. Familienaufstellung mit dem Holzhammer.

Privat sei für ihn Familie überhaupt kein Thema, sagt Carlo Rola. Vielleicht ist das der Grund, warum die Inszenierung oft so steif daherkommt. Dennoch setzt er zusammen mit seinem bewährten Team Oliver Berben (Produzent) und Christian Schnalke (Drehbuch) einmal mehr auf Familienbande vor und hinter der Kamera. Statt Berbens Mutter spielt nun Rolas Ehefrau Dennenesch Zoudé (mit blauen Kontaktlinsen) eine der Hauptrollen. Sie stand bereits mit Hardy Krüger in einem Film mit dem Titel „Das Familiengeheimnis“ vor der Kamera. Allerdings mit Hardy Krüger junior. Die Utta-Danella-Verfilmung von 2004 war ähnlich überdramatisiert und zäh. Simone Schellhammer

„Familiengeheimnisse“, 20 Uhr 15, ZDF

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