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Medien: „Ein großes Überraschungs-Ei“

Die „Berlin Mitte“-Moderatorin Maybrit Illner erklärt, wie Schwarz-Rot die Zusammensetzung von Talkrunden verändert

Frau Illner, gehen Sie jetzt in die Opposition?

Das ist nicht das Mandat, das ich von den Zuschauern erhalten habe. Ich bleibe daher einfaches Mitglied der „Gruppe der außerparlamentarischen unparteischen Diskussionsrundenleiter“.

Eine große Koalition aus CDU und SPD schreit doch nach televisionärem Widerstand, gerade und jetzt in Ihrer politischen Talkshow „Berlin Mitte“.

Diesen Schrei haben wir auch gehört und meinen: Wir brauchen jetzt erst recht Diskussionen um Inhalte. Und unsere Fragen bleiben die gleichen: Was muss passieren, damit endlich die Probleme in diesem Land gelöst werden?

Schon bei der letzten Ausgabe von „Sabine Christiansen“ am Sonntag war die Koalition der Kuschelmonster zu beobachten – als die SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt und der CSU-Bayer Erwin Huber sich verbal beinahe zu Tode streichelten. Wie muss sich „Berlin Mitte“ auf das neue Machtgefüge einstellen?

Kuscheln verstößt bei „Berlin Mitte“ gegen die Hausordnung. Und da CDU/CSU und SPD bald gemeinsam regieren, reicht es ja in Zukunft auch, nur einen der Koalitionspartner einzuladen.

Wie ist das nun: Ist eine große Koalition gut, besser, am besten für eine politische Talkshow – im Vergleich zu anderen Regierungskonstellationen?

Jede demokratische Regierungsform ist talkshow-kompatibel. Sollte die große Koalition scheitern und demnächst wieder eine absolute Monarchie herrschen, sähe ich für „Berlin Mitte“ schwarz.

Von den drei Oppositionsparteien ist die Linkspartei am talkshow-tauglichsten: Oskar Lafontaine, Gregor Gysi, Lothar Bisky – einer kann immer, einer kommt immer?

Ist das so? Ich finde, alle drei „kleinen“ haben interessante Köpfe in ihren Reihen. Oder wollen Sie Guido Westerwelle oder Renate Künast Unterhaltungswert absprechen?

Müssen immer drei Oppositionelle und zwei Regierende in Ihrer Runde sitzen?

Bei „Berlin Mitte“ sollen möglichst viele Sichtweisen und Meinungen vertreten sein. Wir laden daher schon lange nicht mehr „nur“ Politiker ein. Im Gegenteil: Vor jeder Sendung führen wir eine Personen-Fahndung nach kompetenten Nicht- Politikern durch.

Wird Kanzlerin Merkel von der CDU immer mit dem Vizekanzler von der SPD eingeladen werden müssen – der gleichen Augenhöhe wegen?

Spannende Frage. Könnte natürlich sein, dass die sowas in ihrer Koalitionsvereinbarung stehen haben. Die ist aber für „Berlin Mitte“ nicht verbindlich.

Die nächsten Wochen werden geprägt sein von Koalitionsschach, also Politschach. Besonders spannende Zeiten für „Berlin Mitte“ oder doch nur eine Spekulationsrunde nach der anderen?

Personal-Rochaden sind immer interessant, weil hinter Personen politische Linien stehen. Erleben wir die Re-Sozialdemokratisierung der Union und das Erwachen der Agenda-Gegner in der SPD? Was bleibt von Merkels Reform-Ehrgeiz und von Schröders Vermächtnis? Ich hoffe sehr, dass die Entscheidungsfindung nicht ewig und drei Tage dauert.

Über den Tag hinaus gesehen: Welche Themen werden die Talkshow-Agenda künftig beherrschen?

Viel wird sich um Wirtschaft und Soziales drehen. Aber die Erfahrung lehrt, dass eine Unmenge anderer Themen auf uns wartet, die wir noch nicht kennen. Deutschlands Politik ist doch ein einziges großes Überraschungs-Ei.

Wann kommt Merkel das erste Mal zu Ihnen, und wird Schröder jemals wieder kommen?

Wir werden beide bei „Berlin Mitte“ wiedersehen. Vielleicht die eine etwas früher als den anderen.

Das Gespräch führte Joachim Huber.

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