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Medien: Ein Herz und eine Seele

Geräuschvolle Meinungsverschiedenheiten kommen in den besten Familien vor. Zumal in der besten aller Fernsehfamilien.

Geräuschvolle Meinungsverschiedenheiten kommen in den besten Familien vor. Zumal in der besten aller Fernsehfamilien. Auf den ersten Blick waren Vater Alfred Tetzlaff (Heinz Schubert), Mutter Else (Elisabeth Wiedemann), Tochter Rita (Hildegard Krekel) und Schwiegersohn Michael (Diether Krebs) „Ein Herz und eine Seele“. Nicht aber auf den zweiten. Das ewig meckernde, reaktionäre Oberhaupt, „Ekel“ Alfred, drangsalierte die anderen Familienmitglieder, wo er nur konnte: Kaum machte sie den Mund auf, wurde Ehefrau Else als „dusselige Kuh“ in die Küche abgeschoben; die vorlaute Tochter Rita strafte er mit Hausarrest für die viel zu kurzen Röcke und nuttigen Stiefel ab, der Schwiegersohn war für ihn ein „bescheuerter Sozi“ aus der Ostzone.

„TV-Monster“, „Antiheld“, „deutscher Unmensch“, „Alt-Nazi“ – im Laufe seiner steilen Fernsehkarriere handelte sich der einsfuffzich hohe Filzpantoffel-Napoleon nicht nur eine Reihe wenig schmeichelhafter Auszeichnungen ein. Sondern auch jede Menge Ärger: Bei der WDR-Erstausstrahlung der – eigentlich sozialkritisch gemeinten – Nachkriegs-Sitcom von Autor Wolfgang Menge hagelte es 1974 Proteste. Entrüstete Zuschauer fühlten sich provoziert durch die plump-vulgäre Komik und die üblen Scherze über Emanzen, Gastarbeiter und Jusos. Provoziert und – vielleicht – entlarvt. „Ekel“ Alfred gab’s und gibt’s nicht nur in der Fernseh-Kulisse des Gelsenkirchener Barock. Stephan-Alexander Weichert

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