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Medien: Ein präziser Fantast

Dubrow konnte kein Zufall sein, ebensowenig "Bambule" oder "Die neuen Leiden des jungen W.".

Dubrow konnte kein Zufall sein, ebensowenig "Bambule" oder "Die neuen Leiden des jungen W.". In diesen drei und unzähligen weiteren Filmen hat der Regisseur Eberhard Itzenplitz den Geist der Zeit an der jeweiligen Modefrisur gepackt und doch bleibende Gleichnisse geschaffen. Mit dem für ihn so handlichen "Riesenspielzeug" Fernsehen setzt er deutsche Konflikte und Mentalitäten in engagierte Kunst um. Mehr als 80 Fernsehspiele dürften es bis heute sein, ein reiches Lebenswerk, das sich derzeit im Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Künste materialisiert. Für den Nachfahren jener Familie Itzenplitz aus Theodor Fontanes "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" ist das kein schlechter Ort.

Mit "Die Dubrow-Krise" von 1969 hatten Itzenplitz und sein Drehbuchautor Wolfgang Menge die "Wahnsinn, Wahnsinn"-Rufe des November 1989 als Satire vorweggenommen. Der Film zählt neben Dieter Meichsners "Besuch aus der Zone" oder "Preis der Freiheit" von Egon Monk zu den bedeutendsten Fernsehspielen zum Thema DDR. Der geniale Stoffeinfall einer plötzlichen kleinen Wiedervereinigung überzeugte auch ästhetisch. Spröde und tastend kam dagegen "Bambule" (1970) daher, die szenische Innenansicht eines Fürsorgeheims. Ulrike Meinhof zeichnete als Drehbuchautorin. Dieser Umstand bescherte "Bambule" 24 Jahre Quarantäne. Einen Regisseur wie Itzenplitz, der auf ein mündiges Publikum setzt und an das Fernsehen als Medium der Aufklärung glaubt, dürfte das getroffen haben.

Tausend Anmerkungen und Bilder finden sich in seinen Drehbüchern. Das verriet er einmal der Fernsehspielbroschüre der ARD, als der ihre Eigenproduktionen solche Publikationen noch wert waren. Präzision ist für den Germanisten Eberhard Itzenplitz die Voraussetzung für Spontaneität, für Fantasie, offene Augen und Ohren beim Drehen. Das bewies etwa sein SFB-Tatort "Katz und Mäuse" von 1981. Das Kammerspiel zwischen drei Frauen endet mit Totschlag. Eine Maklerin mit klirrenden Armreifen entpuppt sich als Zentrum eines Kraftfeldes, das die "Mäuse" in die Falle drückt. Eberhard Itzenplitz, dem Krimi eher abhold, vereinte Seele und Action. Wie so oft drückte er dem Fernsehspiel sein Gütesiegel auf. Zum 75. Geburtstag gehen herzliche Glückwünsche nach München.

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