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Medien: Ein Prosit auf die Krise

In Berlin werben drei Magazine um die exklusive Klientel der Diplomaten

Alle haben Angst vor der Finanzkrise. Fast alle. Aber in der sechsten Etage des Ludwig Erhard Hauses, in einem Clubsessel mit Blick auf die Skyline von Berlin-Charlottenburg, da sitzt einer, der ist sehr guter Dinge. „Uns wird es durch die Finanzkrise besser gehen“, sagt Alexander Wolf, 39, smart und schick angezogen. In Hochglanz und Großformat berichtet Wolfs Magazin „Capital Contacts“ aus der Welt der Diplomaten, der Botschafter, Konsuln und Attachés. Genau diese Leute sind in Zeiten der Krise besonders gefragt, meint der Herausgeber. Wenn die Wirtschaft schwächelt, dann genießen die Politiker und ihre diplomatischen Vertreter plötzlich ungeahntes Vertrauen. Und „Capital Contacts“ soll das Medium sein, mit dem man die Diplomaten erreicht.

So klingt die Erfolgslogik von Alexander Wolf. Während nahezu alle anderen Medienmacher über drohende Werbeeinbußen klagen, prophezeit er wachsende Anzeigenerlöse für sein Magazin. Optimismus im Angesicht der Krise, keine Bescheidenheit, keine Demut. Stattdessen regiert bei „Capital Contacts“ der pralle Luxus. Armbanduhren, Polosport, Geländewagen. Yachten, Lederschuhe, Haute Cuisine. Lesen sollen das alle zwei Monate mit einer Auflage von 20 000 Exemplaren erscheinende Blatt nicht nur Diplomaten, sondern Wirtschaftslenker, Messegäste und Kunstsammler. „Alle Berlin-Besucher, die im Fünf-Sterne-Hotel übernachten“, sagt Wolf.

Besonders begeistert ist der Herausgeber vom Titel der Novemberausgabe. Zu sehen ist ein Ölscheich, der mit brennenden Geldscheinen seine Zigarre anzündet. Alexander Wolf mag Aufmerksamkeit und Publicity. So wie neulich, als die Tochter des Botschafters von El Salvador halbnackt für das Cover posiert hat. Das sorgte bei Diplomaten für Unmut, die Boulevardpresse hat die Geschichte zum Skandal hochgejazzt. Geärgert hat Wolf sich darüber aber nicht. Im Gegenteil, so hebt man sich ab von der Konkurrenz.

Neben „Capital Contacts“ buhlen in Berlin noch zwei andere Diplomatenmagazine um Leser und Werbekunden. Die Blätter heißen „Diplomatisches Magazin“ und „Business & Diplomacy“. Beide Magazine sind im Gegensatz zu „Capital Contacts“, das auch an ausgewählten Kiosken zu kaufen ist, nur im Abonnement zu erwerben. Das „Diplomatische Magazin“ und „Business & Diplomacy“sind zweisprachig, jeder Artikel erscheint parallel auf Deutsch und auf Englisch. Statt opulenter Dekadenz gibt es hier seriöse und optisch etwas piefig zubereitete Kost. „Wir sind keine ,Bunte’ für Diplomaten“, sagt Frank Schüttig, Chefredakteur von „Business & Diplomacy“, mit herausgegeben von Bernhard von der Planitz. Das Magazin verbinde Wirtschaft und Politik, zu Wort kommen lasse man Leute, die wirklich etwas zu sagen haben. In der jüngsten Ausgabe von „Business & Diplomacy“ schreibt Hans-Dietrich Genscher über die Auswirkungen des amerikanischen Wahlkampfs auf das transatlantische Verhältnis, Ruprecht Polenz analysiert die Außenpolitik des Iran, und der Botschafter von Ecuador erläutert in einem Interview die neue Staatsverfassung in seinem Land. Dazu kommen Service-Artikel für die speziellen Bedürfnisse von Diplomaten. Berichtet wird über deutsche Sicherheitsfirmen, die kugelsichere Pkw-Panzerungen herstellen. Oder über Privat-Universitäten für den diplomatischen Nachwuchs.

Überall außerdem lange Fotostrecken mit lächelnden Anzugträgern am Buffet und beim Sektempfang. Allein in Berlin residieren 150 Botschaften, und praktisch jeden Abend wird irgendwo angestoßen – zum Nationalfeiertag, zur Kulturveranstaltung. Trotzdem: Als Leserzielgruppe ist die diplomatische Szene durchaus überschaubar. „Der Markt kann die Vielzahl an Magazinen nicht tragen, wer am Ende überlebt, wird man sehen“, sagt Corinna Schlag, Chefredakteurin des „Diplomatischen Magazins“. Zudem haben die Blätter ein strukturelles Problem bei der langfristigen Leserbindung. Diplomaten wechseln in der Regel alle vier Jahre ihren Posten.

Im Ludwig Erhard Haus ist von derlei Bedenken indes wenig zu spüren. „Berlin ist die Welthauptstadt der Diplomatie“, sagt Alexander Wolf. Damit das auch alle mitbekommen, will der Herausgeber von „Capital Contacts“ den Botschaften helfen, ihre Anliegen professionell zu kommunizieren. Dabei bemüht sich Wolf gar nicht erst um den Anschein, als habe das besonders viel mit kritischem Journalismus zu tun. Direkt neben den Redaktionsräumen von „Capital Contacts“ hat Alexander Wolf eine Club-Lounge für Honoratiorentreffen eingerichtet. Ein bisschen Grandezza, das geht auch in Zeiten der Krise.

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