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Medien: Ein Saxophon und das wahre Leben

Gottfried Benn hat uns gezeigt, dass Arzt und Dichter wesensverwandte Berufe ausüben. Beide interessieren sich für die Krankheit der Zeitgenossen, sie versuchen, scharfe Diagnosen zu stellen und ziehen mögliche Heilmittel in Erwägung.

Gottfried Benn hat uns gezeigt, dass Arzt und Dichter wesensverwandte Berufe ausüben. Beide interessieren sich für die Krankheit der Zeitgenossen, sie versuchen, scharfe Diagnosen zu stellen und ziehen mögliche Heilmittel in Erwägung. Vor 50 Jahren ist der dichtende Hautarzt Benn in Berlin gestorben. In seinem Hörspiel „Die Stimme hinter dem Vorhang“ lässt er eine Gruppe von Zeitgenossen durch die moderne Bewusstseinsfinsternis tappen. Der Mensch hat die Religion abgeschafft, aber er sucht nach einem höheren Sinn für sein Dasein. Er möchte die Stimme hinter dem Vorhang hören, aber die Ohren lassen ihn im Stich. Benns Figuren reden ratlos und irritiert durcheinander. Keine Gewissheiten mehr im Kopf, nur noch dunkel rumorende Sehnsucht. Eine Hörspielproduktion aus den fünfziger Jahren (SWR 2, 6. Juli, 21 Uhr 03, Kabel UKW 107,85 MHz).

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Eine ganze Radionacht lang sind Carla Spies, Thomas Doktor und Joachim Scholl mit Leben und Werk Gottfried Benns beschäftigt. „Musenkuss auf Messers Schneide“ , so der Titel dieser Seance. Experten aller Couleur geben Auskunft über Benn. Über eine ebenso starke wie tragische Existenz in den Wirren und Abgründen des 20. Jahrhunderts. Über eine Dichtung, die ihren Gegenständen mit medizinischer Kälte auf den Leib rückt, dabei aber die Sprache zu kristalliner Schönheit treibt (Deutschlandradio Kultur, 8. Juli, ab 0 Uhr 05, UKW 89,6 MHz).

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Auch Arthur Schnitzler hatte Medizin studiert, bevor er sich dann ganz der Dichtkunst zuwandte. Sein berühmtes Theaterstück „Der Reigen“ brachte vor gut 100 Jahren die sexuellen Eskapaden der Zeitgenossen so ungeniert zur Sprache, dass der Skandal gar nicht ausbleiben konnte. Erst 20 Jahre nach seiner Entstehung wurde das Drama in Berlin uraufgeführt. Die Folge war ein erbitterter Kulturkampf, in dem auch die damals noch junge nationalsozialistische Bewegung ihr Profil zeigte. Aus dem Jahr 1966 stammt eine erstklassig besetzte Hörspielinszenierung des epochalen Werks (Deutschlandfunk, 8. Juli, 20 Uhr 05, UKW 97,7 MHz).

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Noch immer leben wir im Mozart-Jahr. Bereits zum 28. Mal veranstalten die Autoren Karl-Dietrich Gräwe und Michael Stegemann ihre sonntägliche „Entführung in die Musik“ des Salzburger Meisters. Im schönsten Plauderton wird Mozart durchanalysiert. Liebevoll ausgewählte Details und thematische Überblicke, biografische und kompositionsgeschichtliche Hintergründe. Diesen Sonntag wird ergründet, was Mozart auf seinen drei italienischen Reisen gelernt hat (Kulturradio, 9. Juli, 15 Uhr 04, UKW 92,4 MHz).

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Das Hörspiel „Hau ab, nee bleib hier“ führt zurück in das Westberlin des Jahres 1985. Auf eine Insel der Seeligen, wo man sich ausgiebig um sich selbst kümmern durfte. Männer und Frauen lebten in Beziehungskisten, wenn es Krisen gab, musste man „drüber reden“. Das machen auch die beiden Autoren Dani Levy und Anja Franke . Ein junges Paar im alten Westberlin, nach anfänglichen Höhenflügen bröselt die große Liebe auseinander. Die Beziehungsgespräche haben der Dani und die Anja öffentlich gemacht. Sie haben sich vor die Mikrofone gesetzt und die ganze Beziehungskiste durchdiskutiert. Im Hintergrund spielt ein Saxophon, weil es zwar ums wahre Leben geht, aber zugleich auch die Kunst gemeint ist (Deutschlandradio Kultur, 10. Juli, 0 Uhr 05).

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