zum Hauptinhalt

Eine Frau schlägt zurück: Historie, Bestseller, Wanderhure

Sat1 schickt Alexandra Neldel in eine düstere Mittelalter-Geschichte nach einem Roman von Iny Lorentz

Der Bestseller „Die Wanderhure“ ist deftig, vulgär und unangenehm detailfreudig. Das sind lauter Argumente, die eher für als gegen eine Verfilmung sprechen. Die Geschichte ist an Grausamkeit kaum zu überbieten. Als die junge Konstanzerin Marie sich weigert, den vom Vater ausgesuchten Mann zu heiraten, wird sie Opfer eines Komplotts. Der verschmähte Rechtsgelehrte, illegitimer Sohn eines Grafen, hatte sich durch die Heirat die überfällige Anerkennung durch den Vater erhofft. Er lässt das Mädchen der Hurerei bezichtigen und sorgt dafür, dass sie vor dem Prozess vergewaltigt wird, damit sie keine Jungfrau mehr ist. Zur Strafe wird die Frau öffentlich ausgepeitscht. Sie schwört, eines Tages zurückzukehren und blutige Rache an all jenen zu nehmen, die sie verraten haben.

Auf über 600 Seiten beschreibt das Autorenpaar Iny Klocke und Elmar Wohlrath unter dem Pseudonym Iny Lorentz in dem Roman „Die Wanderhure“, wie sich Marie als Prostituierte verdingt, um zu überleben und während des berühmten Konstanzer Konzils (1414 bis 1418) ihren Rachefeldzug einfädeln zu können. Schon in der Vorlage ist die Historie bloß Folie für eine Mixtur aus Zeitkolorit, Freundschaft, Liebe und viel Sex. Noch vor einigen Jahren hätte Sat 1 aus dem saftigen Stoff wohl einen Zweiteiler gemacht, aber nach einigen Misserfolgen sind die Privatsender in dieser Hinsicht vorsichtiger geworden.

Die Titelfigur wird von Alexandra Neldel verkörpert, deren modernes Gesicht wenig in mittelalterliche Kulissen passen will. Immerhin werden die Nacktszenen nicht einfach für die Darstellerin gewesen sein. Regisseur Hansjörg Thurn weidet sich kaum an den Bildern (Kamera: Gerhard Schirlo), schamhaft ausgeblendet werden sie auch nicht. Der Film ist aufwendig produziert, die Besetzung kann sich sehen lassen (Elena Uhlig, Thure Riefenstein, Götz Otto), die Dialoge sind herzhaft und Maries Schicksal ergreifend. Begeisterung will sich aber nicht einstellen. Tilmann P. Gangloff

„Die Wanderhure“, Sat 1, 20 Uhr 15

Zur Startseite