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Orson Welles in seiner Rolle als Harry Lime in "Der Dritte Mann".

© Arte/Studiocanal

Eine Hommage an Orson Welles: Sensibler Koloss

Arte widmet sich Filmemacher Orson Welles und zeigt unter anderem eine neue Doku über das „tragische Genie“.

Mit nur 15 Jahren wird Orson Welles von einem Arzt attestiert, ein Wunderkind zu sein. Da ist er schon Vollwaise, seine Mutter und sein Vater trennten sich erst und starben dann kurz hintereinander. Nicht nur diesen Erlebnissen des vor 100 Jahren in Wisconsin geborenen Filmemachers, Schauspielers und Autors geht die neue Dokumentation „Orson Welles – Tragisches Genie“ von Elisabeth Kapnist nach, die Arte im Rahmen eines Themenabends zeigt.

Viele seiner Filme hat Welles nicht vollendet

Die Dokumentation verbindet seltene Archivaufnahmen mit Welles-Interviews aus verschiedenen Jahrzehnten. Zu Wort kommen auch Welles’ Biografen David Thomson und Joseph McBride sowie sein Freund Henry Jaglom. Dazu ist zu wissen, dass Welles, dieser Koloss von Mensch, der den „dritten Mann“ (1949) in Wien spielt, nicht nur sehr sensibel und verletzlich ist, sondern selbst auch äußerst kritisch mit dem eigenen, oft unvollendeten Werk umgeht. Diverse Filme, darunter die schon zur Legende gewordenen langjährigen Projekte wie „Don Quijote“, „Moby Dick“ und „The Other Side of the Wind“, sind Fragmente geblieben. Welles, von Hollywoods Studio-System verkannt, fehlt notorisch das Geld, über Jahre läuft er verzweifelt Geldgebern und Produzenten hinterher. Es ist (s)eine Tragödie.

Wenn man sich einen einzigen Film aussuchen müsse aus dem eigenen Werk, um sich beim lieben Gott vorzustellen, dann nehme er den „Falstaff“ (1965) mit, sagte er einmal. Ausgerechnet den „Falstaff“: „Weil ich ihn für den am wenigsten missglückten halte“, so Welles, der 1985 im Alter von 70 Jahren starb.

"Citizen Kane" ist sein Opus magnum

Ein Film, ungleich unbekannter als Klassiker wie „Der Glanz des Hauses Amberson“ (1942) oder die eigenwillige Kafka-Adaption „Der Prozeß“ (1962) mit der hier betörenden Romy Schneider und Jeanne Moreau. Oder eben „Citizen Kane“ (1941) – sein Opus magnum, zugleich sein Debüt als Regisseur. Welles hat hier inszeniert, produziert und mitgeschrieben. Alles in Personalunion, wie so oft. Und er spielt die Hauptrolle des mächtigen US-Zeitungsverlegers Kane, dessen reales Vorbild William Randolph Hearst ist. Über Jahre gilt Welles’ Erstling „Citizen Kane“ als bester Film der Filmgeschichte überhaupt.

US-Filmhistoriker Thomson sagt in dieser neuen Dokumentation einen adäquaten Satz über Orson Welles, der den Kern trifft – Wunderkind und Genie, Tragöde und verstoßener Hollywood-Outcast: „Es ist ein immer wiederkehrendes Muster in Welles’ Werk: Ich denke, wenn jemand immer wieder die gleiche Geschichte von einem mächtigen Mann erzählt, der am Ende im Stich gelassen wird, dann sagt das etwas über seine Ängste oder sein Lebensgefühl aus.“

- „Hommage an Orson Welles“: „Der dritte Mann“, 20 Uhr 15, „Orson Welles – Tragisches Genie“, 21 Uhr 55, jeweils Montag auf Arte

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