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Als einflussreichste Frau Amerikas gilt Talkshowmoderatorin Oprah Winfrey (r.). Nach 25 Jahren will sie sich jetzt auf ihren eigenen Kanal konzentrieren. Zum Abschluss spricht sie noch einmal mit US-Präsident Barack Obama und seiner Frau Michelle. Foto: Reuters

© REUTERS

Einflussreiche Talkerin: Zum Abschied die Obamas

Die Talkshow-Königin Oprah Winfrey beendet nach 25 Jahren ihre Sendung - allerdings nicht für immer.

Ist ein Vierteljahrhundert das Höchstmaß aller Dinge im Talkshowgeschäft? Larry King hat seine tägliche Interviewsendung auf CNN am 16. Dezember 2010 beendet, gut 25 Jahre nach dem Start im Juni 1985. Wiederholt sich das nun mit der Königin des amerikanischen Talkfernsehens? Am 25. Mai steht die letzte „Oprah Winfrey Show“ im Sendeplan. Gerade werden Gespräche mit höchster Prominenz für das Abschlussfeuerwerk aufgezeichnet. Am Mittwoch flogen Barack und Michelle Obama eigens nach Chicago, um sich mit Oprah auf die Couch zu setzen. Am morgigen Montag wird das Interview ausgestrahlt.

Auch in Winfreys Fall sind es rund 25 Jahre. Die erste einstündige „Oprah Winfrey Show“ war am 8. September 1986 gesendet worden. Bevor ihr Name zum Titel wurde, hieß der Vorläufer „AM Chicago“, dauerte 30 Minuten und wurde im lokalen Morgenprogramm ausgestrahlt. Winfrey moderierte die Sendung seit Anfang 1984 und errang binnen zweieinhalb Jahren nationale Aufmerksamkeit.

Doch anders als Larry King steht Oprah nicht vor dem Ende ihrer Karriere. Sie ist erst 57 und damit gut 20 Jahre jünger als er. Ihre Einschaltquoten sind nicht eingebrochen wie seine in den letzten Jahren. Oprah erfreut sich so anhaltender Popularität, dass sie sich unabhängig von den traditionellen Sendern und Syndikatsverträgen machen kann. Sie hat ihr eigenes Network gegründet und möchte sich nun ganz auf ihr Imperium konzentrieren. Dies signalisiert auf doppeldeutige Weise das Kürzel des Senders OWN: Es steht für Oprah Winfrey Network. Das Wort „own“ bedeutet zugleich Besitzanspruch.

Ihre Zuschauerzahlen, die in die zweistelligen Millionen reichen, verleihen ihr enorme wirtschaftliche und politische Macht. Bücher, die sie in ihren Sendungen erwähnt, werden zu Bestsellern. Schlankheitspräparaten und angeblichen Wundermitteln gegen Krebs kann sie zu Milliardenumsätzen verhelfen.

Die Obamas sind seit längerem mit ihr befreundet. Seit dem Präsidentschaftswahlkampf 2008 kam politische Dankbarkeit hinzu. Im Wettstreit, ob Hillary Clinton als erste Frau oder Barack Obama als erster Schwarzer für die Demokraten antreten solle, entschied sich Oprah früh für öffentliche Parteinahme zugunsten Obamas. Im Wahlkampf trat sie mit ihm auf. Wissenschaftler haben errechnet, er verdanke ihr rund eine Million Stimmen in den Vorwahlen.

Das war ungewöhnlich. In den Jahren davor und danach hat sie sich um Distanz zur Tagespolitik bemüht – was eine Kontroverse auslöste, als Sarah Palin Vizepräsidentschaftskandidatin der Republikaner wurde und Oprah es ablehnte, sie als Gast einzuladen. Stellte sie sich in den Dienst der Demokraten? Sie wehrte sich mit dem Hinweis, ihre Unterstützung für Obama sei eine private Entscheidung und habe mit der Show nichts zu tun. Auch sei Obama nicht mehr eingeladen worden, seit er seine Kandidatur erklärt hatte. 2005 und 2006 war er je einmal zu Gast gewesen, weil er der einzige Afroamerikaner im Senat war.

Das am Montag zu sehende Gespräch mit dem Präsidenten und seiner Frau wurde ohne größere Medienkampagne aufgezeichnet. Oprah hat es nicht nötig, mit Interviewschnipseln das Interesse an der Ausstrahlung anzufüttern wie andere Talkmaster, die zu kämpfen haben, wie zum Beispiel der Larry-King-Nachfolger Piers Morgan. Nur ein kurzer Ausschnitt zu Obamas Geburtsurkunde wurde vorab ins Netz gestellt – dies war das Thema des Tages am Mittwoch und konnte bis Montag schon wieder überholt erscheinen.

Scherzhaft geht Obama in dem Gespräch mit den angeblichen Zweifeln um, ob er tatsächlich in Hawaii geboren und zu Recht Präsident sei. „Darf ich einfach mal sagen: Ich war dabei, also weiß ich’s genau?“ Dann erklärt er, was das neue, längere Original seiner Geburtsurkunde von der Kurzform unterscheidet, die schon lange veröffentlicht war – und warum er sich nun die Mühe gemacht hat, eine Sondergenehmigung einzuholen, um das Original zu erhalten. Die Kurzform trägt weder Seriennummer noch Originalunterschriften. Das diente den Zweiflern als Beleg für ihre Verschwörungstheorien, die Urkunde sei eine Fälschung, er sei in Kenia geboren und dürfe deshalb gar nicht Präsident sein. Die „alberne Debatte“, sagt Obama, lenke von den großen Problemen ab, die das Land zu lösen habe, voran die Verschuldung.

Dieser lockere Plauderton ist Oprahs Markenzeichen. Im Boulevardstil hatte sie vor 25 Jahren begonnen, dann aber allmählich ihr Themenspektrum erweitert. Vom skandalbetonten Umgang mit Verbrechen und Sexualität wechselte sie allmählich zu einem Moderationsstil, der die Probleme dahinter ansprach und Sünder zur Beichte vor laufender Kamera animierte. „Oprahfication“ nennt man das in den USA. Auf diesem Weg erfuhr die Nation auch, aus welch ärmlichen Verhältnissen in Mississippi sie stammt und dass sie als Jugendliche sexuell missbraucht worden war. Lange vor anderen machte sie Homosexualität zum öffentlichen Thema. Sie ist trotz ihrer weichen Art die wohl einflussreichste Frau Amerikas.

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