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Die Ersten waren auch die Besten. Claus Theo Gärtner (links) im Duett mit Günter Strack als Anwalt Dr. Dieter Renz vor Frankfurter Römer-Kulisse. Foto: ZDF

© Marhoffer

Ende für "Ein Fall für Zwei": „Matula, hau mich raus“

Claus Theo Gärtner war immer das Raubein in „Ein Fall für zwei“. Die 300. Folge der ZDF-Krimiserie ist auch die letzte.

Es sind keine leichten Zeiten für Frankfurt. Ausgerechnet an diesem Karfreitag verliert die Stadt ein weiteres kulturelles Markenzeichen, diesmal der Populärkultur. Nach dem viel diskutierten Wegzug des Suhrkamp-Verlags nach Berlin und dem Niedergang der Traditionszeitung „Frankfurter Rundschau“ endet mit dem letzten „Ein Fall für zwei“ jene Krimireihe, die wie keine andere Mainhattan ins Bild gesetzt hat. „Sieh nach den Sternen, hab acht auf die Gassen“, appellierte einst der Realist Wilhelm Raabe. Kein anderer Serienheld hat sich diesen Leitspruch so sehr zu Herzen genommen wie der Frankfurter Privatdetektiv Hermann Josef Matula, seit dem 11. September 1981 dargestellt von Claus Theo Gärtner. Der wegen seiner „unordentlichen Dienstauffassung“ freiwillig demissionierte Polizeiobermeister schaute als freiberuflicher Detektiv nicht nur in Taunus-Villen nach dem Rechten, sondern achtete eben stets auch auf die „Freßgass“, auf das Gallus-, Gutleut- und alle sonstigen Viertel.

Georg Althammer, damals Chef der Wiesbadener Produktionsgesellschaft Odeon TV, entwickelte zusammen mit dem Autor und Regisseur Karl-Heinz Willschrei die Idee zur Reihe und wollte ebenso wie der unvergessene Günter Strack als Anwalt Dr. Dieter Renz unbedingt Claus Theo Gärtner für die Rolle des Matula. „Da war ein Stück Papier, und da stand drauf, ein Polizist wird Detektiv“, erinnert sich Gärtner.

Seinen Alfa Romeo GT Giulia brachte der passionierte Motorsportler zum ersten Drehtag von „Die große Schwester“ gleich mit, und bei dieser Automarke ist er geblieben. Inszeniert hatte das Debüt Wolfgang Storch nach einem Buch von Willschrei. Am Ende von über 60 Drehbuchautoren steht nun Mike Bäuml als Verfasser der Schlussfolge „Letzte Worte“. Regie führte Peter Strauch, der sich damit in eine lange Liste von Namen wie Jörg Grünler, Wolfgang F. Henschel oder Detlef Rönfeldt einreiht. Es dominieren eindeutig die Männer, obwohl Fälle wie „Roter Freitag“ mit Angelika Bender oder „Wer die Treue bricht“ mit Uta Schorn als sich rächender betrogener Ehefrau eindrucksvolle Psychogramme von Frauen lieferten.

Josef Matula stand im Dienst von vier Anwälten. Mit Günter Strack und Rainer Hunold hatte der drahtige, 1,69 Meter große Claus Theo Gärtner von 1981 bis 1997 zwei ebenso lebensfrohe wie gewitzte Pykniker an seiner Seite, die mit Dr. Johannes Voss (Mathias Hermann) und seit 2000 Paul Frielinghaus als Dr. Markus Lessing von eher mageren Bedenkenträgern abgelöst wurden. Damals war Matula noch der Juniorpartner bei diesem für das deutsche Fernsehen ungewöhnlichen Ermittlerduo aus Anwalt und Detektiv, Idealist und Raubein. Über die Jahre ist er längst zum Seniorpartner und wahren Freund gereift. Beim Abschied von Markus Lessing, der nach einer tiefen Sinnkrise zum Rinderzüchten nach Argentinien aufbricht, sieht man sogar eine Träne glitzern.

Am 19. April wird Claus Theo Gärtner siebzig Jahre alt. Noch immer hat er sich jene jugendliche Unbekümmertheit in Haltung und Ausdruck bewahrt, mit der er 1972 in Wolfgang Petersens packendem Psychodrama „Einer von uns beiden“ in einer Berliner Wohnküche auftauchte – semmelblond und selbstironisch. Und noch immer ist er körperlich elastischer und schneller als seine akademischen Partner, die er oft genug retten und dabei einiges einstecken musste. „Wer hat denn dir aufs Maul gehauen?“, fragt ihn zuletzt Dr. Lessing. So genau weiß es Matula nicht, aber er versichert ihm: „Lass mich mal machen.“ Und dieses Wort zählt – das wusste schon die Band Superpunk, als sie textete: „Matula, hau mich raus.“

Lange wehrte sich Claus Theo Gärtner gegen Handys, jetzt ertönt in der 300. Folge die von Klaus Doldinger komponierte Titelmelodie als Klingelton seines tragbaren Telefons. Es weckt ihn auf seinem Junggesellenlager, das er trotz einiger amouröser Episoden eisern verteidigt hat, ebenso wie seinen Billardtisch, an dem er über die anstehenden kniffligen Fälle nachdachte, stets unter Spannung und in Bewegung. In „Letzte Worte“ fliegt ihm auf der Straße eine angekohlte Billardkugel vor die Füße. Seine Wohnung ist explodiert, was Matula jedoch nicht weiter erschüttert, da er „ohnehin mal umräumen“ wollte. Wer aber trachtet Lessing und seinem Außendienstmitarbeiter so hartnäckig wie nie nach dem Leben? Fast werden die beiden nach Mafia-Art einbetoniert. Und wie lauten nun Matulas allerletzte Worte? Es ist nur eines: „Klasse.“ Die hatte er auch.

„Ein Fall für zwei“, ZDF, Freitag, um 20 Uhr 15

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