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Entscheidung beim ZDF: Der Meinungsführer

Das ZDF, der Verwaltungsrat und sein Chefredakteur: Auch Ernst Elitz wundert sich, wieso Roland Koch den Fall Brender beherrscht

Noch drei Tage bis zur Sitzung des ZDF-Verwaltungsrates, die über die Zukunft des derzeitigen Chefredakteurs entscheidet. Die Causa Nikolaus Brender beschäftigt die Medienwelt. Und es sieht immer mehr so aus, als ob da am Freitag zwei Züge aufeinander zu rasen, als ob sich die Unions- und SPD-geführten Lager im ZDF-Verwaltungsrat unversöhnlicher denn je gegenüberstehen. Es geht um die vom ZDF-Intendanten Markus Schächter vorgeschlagene Verlängerung des zum 1. April 2010 auslaufenden Vertrages von Brender. Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU), stellvertretender Vorsitzender im ZDF-Verwaltungsrat, hatte vor Monaten eine Diskussion um die Einflussnahme der Politik auf öffentlich-rechtliche Sender ausgelöst, weil er sich mit dem Verweis auf ein vermeintlich quotenschwaches Informationsprogramm gegen eine Vertragsverlängerung des 60-jährigen Brenders stellte.

Am Wochenende hatten sich 35 namhafte deutsche Staatsrechtler in einem Offenen Brief gegen die Einmischung der Politik gewandt. Sie beriefen sich dabei auf Artikel 5, Absatz 1, Satz 2 des Grundgesetzes, in dem die Rundfunkfreiheit garantiert wird und brachten sogar eine „möglichst weitgehende Staatsferne“ für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ins Spiel. Pragmatische Lösung oder Wunschdenken? Folgende Bemerkung in dem Juristen-Brief lässt den ehemaligen Intendanten des Deutschlandradios und früheren „heute journal“-Moderator Ernst Elitz „ziemlich ratlos“ zurück: „Dass letztlich ein Ministerpräsident als Meinungsführer stark genug ist, um einen bestimmten Chefredakteur zu verhindern.“ Die Unions-Ministerpräsidenten bilden im ZDF-Verwaltungsrat ja nicht die Mehrheit. Sie sind inklusive Bundesvertreter gerade mal fünf an der Zahl“, sagte Elitz dem Tagesspiegel. Dass es hier keinen anderen „Meinungsführer“ gebe, liege wohl an den anderen. „Ich habe immer deutlich gemacht, dass ich nichts gegen die Präsenz von Politikern in den Aufsichtsgremien habe. Sie haben ein Mandat der Allgemeinheit, sie stützen sich auf größere Mehrheiten als Verbandsvertreter, die ihren Auftrag häufig genug darin sehen, mehr Sendezeiten für ihre Klientel herauszuschlagen. Werden die Verbindungen zur Politik gekappt, jubeln die Kommerziellen“, sagte Elitz. Auch im aktuellen Fall kommt es nur darauf an, ob man einem bestimmten Ministerpräsidenten die „Meinungsführerschaft“ überlässt oder ob man den Mumm hat, sie ihm zu nehmen.

In Kreisen der Union wird an der Entschlossenheit von Roland Koch überhaupt nicht gezweifelt. „Die Mehrheit gegen Brender steht“, sagte ein Insider. Zur Koch-Phalanx gehören auch der saarländische Ministerpräsident Peter Müller und der frühere bayerische Regierungschef Edmund Stoiber (CSU). Was die Koch-Fans doch stört: Dass der Hesse die Entscheidung in der öffentlichen Wahrnehmung alleine schultern muss, dass die übrigen Unionisten lieber in der Kulisse stehen. So werde der Ruf von Roland Koch als „Rambo“ zementiert. Im Übrigen werde nach der Nicht-Verlängerung Brenders am Freitag von der kommenden Woche an nur noch die Nachfolgerfrage diskutiert. So sollen im ZDF selbst schon die Termine für die entsprechenden Gremien-Sitzungen im Januar vorbereitet werden.

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