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Medien: „Er liebt das Fernsehen“

Am 18. Oktober wählt das ZDF einen neuen Programmdirektor. Der Sender hat einen idealen Kandidaten in den eigenen Reihen: den kommissarischen Programmchef. Der Mann hat nur ein Manko: Er steht der SPD, also der falschen Partei, nahe. Sechs Plädoyes für Hans Janke

Bernd Gäbler, Geschäftsführer des Adolf Grimme Instituts:

Ich habe Hans Janke kennen gelernt als einen der – wenn nicht den – größten Kenner des gegenwärtigen Fernsehens. Manche, die Fernsehen machen, verachten es heimlich. Hans Janke liebt es. Manche werden zynisch. Hans Janke schafft es, Praxisnähe und Kritikfähigkeit zusammenzuführen. Jedes Gespräch mit ihm macht Freude. Nie trumpft er auf. Er spricht zurückhaltend, aber ungeheuer präzise. Hans Janke ist ein Intellektueller von Rang, aber ohne jede Attitüde. Vor allem vereint er in sich, was heute oft nur getrennt zu haben ist: Klugheit und Entscheidungskraft. Er ist Macher und Denker. Jedes Unternehmen, das ihm einen Chefsessel anzubieten in der Lage ist, könnte stolz darauf sein – erst recht jeder Fernsehsender.

Regina Ziegler, Produzentin:

Seitdem behauptet wird, Hans Janke störe als neuer ZDF-Programmdirektor irgendwelche Farbenlehren und den unheiligen Proporz, weil er ein Roter sei, wo man schwarz sein müsse, gehen mir ein paar Fragen durch den Kopf. Erstens wüsste ich gerne, ob das überhaupt ein Kriterium ist – wenn es doch um publizistische Kompetenz geht. Zweitens wüsste ich gerne, was Janke zu einer sozialdemokratischen Personalie gemacht hat. Ist er der Erfinder des sozialistischen Fernsehspiels? Das hätte ich merken müssen. Zieht er für die SPD in den Bundestag ein? Auch das hätte ich mitbekommen. Beschäftigt er nur linke Produzenten? Dann hätte er mit mir nie was machen dürfen. Und mit vielen anderen „Konservativen“ auch nicht, die seine Kompetenz rühmen. Nein, nein, wir haben hier endlich mal einen, der als ein Glücksfall gilt, der eine intime Kenntnis des Gewerbes mit einer hohen Moral, ein scharfes Urteil mit einer geschliffenen Rede und den Willen zu überzeugen mit der Fähigkeit, auch nein zu sagen, verbindet. Der Mann hat, was heute selten genug ist, Stil. Schade, dass man ihn auf diese Weise empfehlen muss.

Nico Hofmann, Regisseur, Film- und Fernsehproduzent:

Nach dem würdelosen Prozedere um die Intendantenwahl beim ZDF hatte man inständig gehofft, dass der ZDF-Verwaltungsrat aus den Fehlern lernt. Um so unverständlicher ist das monatelange Hin- und Hergezerre in der jetzt anstehenden Frage der Neubesetzung der Stelle des ZDF-Programmdirektors. Für die Branche ist schon seit Monaten klar, daß ein Kopf wie Hans Janke eigentlich ohne Konkurrenz ist. Als einer, der in seiner Regielaufbahn mit Hans Janke auch schon des öfteren die eine oder andere leidenschaftliche Auseinandersetzung gepflegt hat, darf ich es ganz deutlich formulieren: Hans Janke ist ein Mann des modernen Fernsehens, er ist Pragmatiker, Taktiker, Intellektueller und vor allem: Ein neugieriger Medienmacher, der keine Angst hat. Jankes Phantasie, sein Gespür für Trends und Qualität, das er seit Jahren erfolgreich am Monatagabend mit seinen Fernsehspielen unter Beweis stellt und vor allen Dingen seine starke persönliche Integrität machen ihn zur Ausnahmeerscheinung und zu einem der gefragtesten Gesprächspartner der Branche. Ganz zu schweigen von Jankes pädagogischer Aufbauarbeit, mit der er im Sender eine Gruppe junger Spitzenredakteure zum Erfolg geführt hat. Es ist absurd, mit einem Mann vom Kaliber Hans Jankes durch seine parteipolitische Nähe zur SPD auch nur ansatzweise die Fantasie zu verbinden, er könne als Programmdirketor ins tagespolitische Geschäft des Senders eingreifen. All diese Gedankengänge, die anscheinend nur noch von stupidem parteipolitischem Proporzdenken bestimmt sind, haben schon die Intendantenwahl des ZDF mehr als beschädigt. Im Fall Hans Jankes sollte jetzt endlich einmal gelten: Qualität und Kompetenz vor parteipolitischem Machtinteresse. Oder um es mit Peter Voss (dem CDU nahen!) Intendanten des SWR, der Hans Janke gerne in Stuttgart als Fernsehdirketor seines Hauses sehe, zu sagen: „Es gibt im Moment keinen Besseren.“

Gisela Marx, Fernsehproduzentin:

Hans Janke ist nicht nur die beste Wahl für den Programmdirektor des ZDF, er ist gleichzeitig für das ZDF und seine Wirkung nach außen von herausragender Bedeutung. Mit seiner Person sind nämlich wichtige Werte verbunden: Er ist ein Intellektueller mit Leidenschaft. Und dass die Leidenschaft in so vielen sicher nicht immer nur heiteren Jahren beim ZDF nicht nachgelassen hat und dass seine Weltläufigkeit eher das ZDF verändert hat als der Bürokratismus ihn, spricht für seine Gabe, mit höchster Loyalität seine Persönlichkeit für die Aufgabe ZDF einzusetzen.

Günter Rohrbach, Ex-Geschäftsführer der Bavaria Film, jetzt freier Film-Produzent:

Hans Janke hat das Fernsehspiel des ZDF zu neuer Blüte gebracht, er ist ein ausgewiesener Fachmann, sein Renommee in der Branche ist exzellent,es bestehen nicht die geringsten Zweifel, dass er ein hervorragender Programmdirektor wäre. Und dennoch darf er es nicht werden, aus einem einzigen, absurden Grund, er hat nicht die richtige politische Farbe. In den Monopolzeiten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mögen solche Farbenspiele eine gewisse Logik gehabt haben, da sie die einzige Möglichkeit zu sein schienen, um die Pluralität des Mediums zu sichern. Heute, bei 30 verfügbaren Kanälen, sind sie bis zur Lächerlichkeit obsolet. Das Publikum wünscht sich für seine Gebühren qualitätsvolle, informative, unterhaltsame Programme. Und es fordert in den Führungspositionen Menschen, die dafür die größtmögliche Gewähr bieten. Das ZDF muss sich in einem von Jahr zu Jahr härter werdenen Wettbewerb behaupten. Es muss gegen eine starke private Konkurrenz sein öffentlich-rechtliches Profil wahren, ohne seine Mehrheitsfähigkeit einzubüßen. Dazu braucht es die Besten der Besten. Wer in einer solchen Situation an die Stelle pragmatischer Entscheidungen partei-politische Opportunität setzt, gefährdet die Existenz des Systems. Welche antiquierte Vorstellung von Personalführung steht eigendlich hinter einem solchen Konzept? Wie will man die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter fördern, wenn man ihnen zugleich vorführt, dass alles Engagement nichts nützt, wenn die politischen Strippenzieher das nicht wollen. Sollte man Hans Janke übergehen, wäre dies ein Affront, den der Sender nur schwer verkraften könnte.

Dieter Wedel, Regisseur, Produzent und Drehbuchautor:

In einer Branche, in der fast jeder über jeden schlecht redet, kaum einer am anderen ein gutes Haar lässt, ist dieser Janke ein Phänomen. Filmemacher, Autoren, Regisseure und Kritiker sind sich einig in ihrer bewundernden Zuneigung für den Mann und seine Arbeit, respektieren seinen scharfen Verstand, seine Korrektheit, seine Aufrichtigkeit, seine Fähigkeit zur klugen Analyse, seine Loyalität zu allen, die sich auf das Hochseil wagen, sich ungeschützt darbieten, indem sie Filme machen. Unsere Arbeit ist angreifbar, Fehler und Irrtümer sind weithin sichtbar. Da ist es schön, Rückendeckung zu haben, einen verläßlichen Partner, einen Freund, einen – bei allen kritischen Beobachtungen – loyalen Begleiter bei der Arbeit; einen, auf den man hört, nicht wegen der Autorität seines Amtes, seiner „institutionellen Autorität“, sondern wegen seiner persönlichen Autorität. Wie begeisterungsfähig ist dieser eher zurückhaltende, stille Mann, wenn ihm eine Filmszene, eine Filmsequenz gefällt. Und diese Zustimmung wird nicht etwa geschmälert wenn Wind aufkommt, einem auch mal voll ins Gesicht bläst. In einer Branche, in der Meinungen so oft wechseln wie die Windrichtungen, bleibt Janke bei seinem Urteil. Wichtig ist das, weil so einer zu neuen riskanten Erzählformen ermutigt, zu Experimenten, die verhindern, dass Fernsehprogramme allmählich zu riesigen Recyclinganlagen verkommen.

Bliebe Hans Janke, was er die letzten Jahre war – Chef des Fernsehspiel, der „Königsdisziplin“, wie ZDF-Intendant Markus Schächter es nennt – uns Filmemachern könnte kaum Besseres widerfahren. Ein kluger Anreger, Ermunterer, ein neugieriger Partner bliebe uns erhalten. Aber man soll ja nicht egoistisch sein. Dem Gesamtprogramm täte seine wache Kreativität zweifellos gut. Einer beängstigenden, immer komplizierter werdenden Wirklichkeit entziehen sich viele Menschen offenbar durch Flucht in eine TV-Traumwelt. Seichtes und Rosarotes haben Hochkonjunktur. Ein älteres, bequem gewordenes Publikum will seine Sicht auf die Welt und das Leben nicht in Frage gestellt sehen, sondern zieht Geschichten vor, die seine Vorurteile bestätigen. Dem gegenzusteuern bedarf es behutsamer Klugheit.

Dass Janke dazu in der Lage wäre, bezweifelt wohl niemand, auch nicht in den zuständigen Gremien. Aber dort muss man natürlich auf Proporz, die politische Farbenlehre achten. Schon merkwürdig in einer Zeit, in der sich die politischen Parteien bis zur Ununterscheidbarkeit einander angenähert haben und alle um den Platz in der Mitte drängeln. Also bleibt zu hoffen, dass der Intendant unbeeinflusst, nur nach Qualifikation, seinen wichtigsten Mitarbeiter auswählen darf, den, von dem er überzeugt ist, dass er nicht dem schlechten Geschmack hinterherrennen, sondern dem guten vorangehen wird.

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