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Ernüchternd: Schmidt startet schwer mit neuer Show

Ohne Pocher, ohne System: Die neue Show von Harald Schmidt hat einen schweren Saisonstart. Mehr denn je interessiert es Harald Schmidt einen feuchten Kehricht, was die ARD-Oberen, Feuilletonisten oder gar er selber von sich erwartet.

Die Erwartungen an die neue Show von Harald Schmidt waren riesig. Zu riesig wahrscheinlich. Denn die Ernüchterung war groß. Doch der Reihe nach: Es war ja alles schon mal da gewesen. Das Studio 449 in Köln, Band und Stand-Up erinnerten an die alte Schmidt-Show bei Sat1. Ton und Repertoire auch. Zum Warmlaufen mindestens zwei Gags der Marke „überflüssig“: „Ich finde, einmal hat es richtig gefunkt in diesem Wahlkampf: Das war die Landung von Müntefering.“ Dann der Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan, „für die einen Krieg, für die anderen eine Art Hausaufgabenbetreuung mit Maschinenpistolen“. Wenn das die richtige Einordnung der Geschehnisse der Woche aus Politik, Kultur und Zeitgeschehen sein soll, das Late-Night-Korrektiv, von der die ARD vollmundig sprach –hat da etwa noch Ex-Junior-Partner Oliver Pocher seine Hände im Spiel?

Vielleicht ist es ja doch so: Mehr denn je interessiert es Harald Schmidt einen feuchten Kehricht, was die ARD-Oberen, Feuilletonisten oder gar er selber von sich erwartet. Es sprudelte nur so aus ihm heraus. Heiner Geißler, Michael Jackson („Hätte Jacko das TV-Duell gesehen, hätte er kein Propofol gebraucht“), Wowereit, Gabriel, Ulla Schmidt, Althaus - Schmidts Autoren hatten in den letzten Wochen fleißig Fernsehen gesehen und dabei viel Polit-Quatsch gefunden. Politischer wollte Schmidt werden, mehr Angriffslust und Satire versprühen, befreiter aufspielen ohne Pocher. Um im Bild zu bleiben: Schmidt fehlt dafür noch das System. Gut, das hatte am späten Donnerstagabend alles schon wieder eine größere Bandbreite. Manchmal ertappte man sich aber bei dem Gedanken: Lustige Fernsehschnipsel mit Steinmeier finden, das kann Stefan Raab auch.

Und der Rest? Schmidt hatte sich ein sechsköpfiges Team eingekauft und dann eben auch ein bisschen spielen lassen. Von Ex-„Ehrensenf“-Moderatorin Katrin Bauerfeind ließ sich der Chef als kriegserprobten Lothar Scholl-Latour interviewen. Caroline Korneli nahm den FDP-Wahlkampf aufs Korn. Jan Böhmermann schmuggelte sich als Schweinegrippeopfer in die Nachrichten. Peter Richter brachte uns per Schalte den Kunstwissenschaftler Boris Groys näher und machte mit Schmidt ein bisschen Ästhetik-Seminar und auf zur Schau gestellte Nachdenklichkeit.

Von allem ein bisschen und nirgends so richtig lustig, so richtig überzeugend, auch nicht in der Quote. 1,39 Millionen Zuschauer wollten Schmidt sehen. Bei allem Bildungsauftrag im öffentlich-rechtlichen Fernsehen – den meisten dürfte es kurz vor Mitternacht einfach zu bunt, zu subversiv geworden sein. Gegen halb zwölf der klammheimliche Wunsch: ein Königreich für einen Sandy Meyer-Wölden-Gag! Oder Lady Gaga, egal. Wenn das Highlight in einer 45-minütigen Show am Ende ein Interview mit dem schwäbischen Fabrikanten Wolfgang Grupp ist, dann stimmt was noch nicht mit der neuen, alten Schmidt-Show. „Alle Themen gehen durch mich durch“, hatte der Meister angekündigt. Diesmal haben sich die Themen nicht allzu lange in ihm aufgehalten.

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