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Nackt-Magazin

© Tsp

Erotik-Magazine: Entblättert

Die Männer-Magazine stecken in der Krise – Nackte gibt’s im Netz in Massen.

Erst gestattet Model Kelly Brook einen Blick auf ihr Dekolleté, wenige Seiten später posiert Jakki Degg nur in Strumpfhosen, Bailey Godfrey zieht blank – und dann das: Sex ist total überschätzt, sagt „Rolling Stone“ Mick Jagger zum Schluss in der aktuellen „Maxim“. Und tatsächlich: Immer weniger Männer wollen sich halb- oder gar unbekleidete Frauen in Magazinen ansehen.

„Maxim“ verkaufte laut IVW im ersten Quartal 2008 wie „FHM“ weniger Hefte, der „Playboy“ verzeichnete im Februar das schlechteste Ergebnis seit Bestehen, „Matador“ wird mit der Juni-Nummer eingestellt, Ausgabe 03 von „Best Life“ war auch die letzte. Beide Mal werden schlechte Verkaufszahlen als Grund angegeben. Die Männer-Magazine stecken in der Krise. Aber sicher nicht, weil Deutschlands Männer plötzlich Jaggers Meinung teilen. Im Gegenteil. Sex boomt – allerdings im Netz.

Hier muss nicht erst der Kioskverkäuferin in die Augen geblickt oder später das Heft vor Frau, Freundin oder gar der Mutter versteckt werden. Ein Klick, und das Repertoire ist zu sehen: kostenlos, schärfer – vor allem als bewegtes Bild. Nach Angaben von Alexa, einer Firma, die die Besucherzahlen von Internetseiten misst, belegt youporn.com in Deutschland inzwischen Platz 17, noch vor T-Online.de und bild.de. Bei YouPorn kann man Hardcorepornografie hochladen, die Clips reichen von selbstgedrehten Amateuraufnahmen bis hin zu professionellen Profifilmen. Nicht nur für die Pornoindustrie, die vom Verleih und vom Verkauf ihrer DVDs lebt, scheint das Netz der Untergang zu sein. Auch die Männer-Magazine, die alle um vier bis fünf Euro kosten, können nicht mithalten. Dabei erlebten die jungen Magazine „FHM“, „Maxim“ und Matador“ noch vor einigen Jahren einen Boom, machten dem alten Hasen „Playboy“ sogar in den ersten Monaten 2003 die Marktführerschaft streitig. Doch jetzt zeigt sich: Der Markt ist nicht groß genug, und das Netz mit seinen Pornos zieht an den Blättern vorbei.

Youporn kills Print. Das Internet beitet Anonymität

„Wir wollen aber auch gar nicht mit solchen Angeboten konkurrieren“, sagt Stefan Schmortte, „Playboy“-Chefredakteur. „Was dort passiert, hat mit dem ,Playboy’ so viel zu tun wie die ,Praline’ mit dem ,Spiegel’“, sagt Schmortte. Die Bilder in seinem Blatt seien ästhetisch, von namhaften Fotografen gemacht. Außerdem, so meint Schmortte, sei es gar kein Scherz: Der „Playboy“ werde tatsächlich wegen der guten Texte gekauft. Im aktuellen Heft: Reportagen über einen südafrikanischen Freiheitskämpfer und Wölfe in der sächsischen Provinz, ein Gespräch mit „Löwenzahn“-Protagonist Peter Lustig über Frauen. Optisch reizt dagegen mehr, dass sich neben den „Playmates“ auch immer eine prominente Frau entblößt, wie aktuell die ehemalige „Next Topmodel“-Teilnehmerin Fiona Erdmann. Auch „FHM“, das „For Him Magazine“, will mit barbusigen Stars und Sternchen punkten – denn normale Models gibt es massenweise auch im Netz zu sehen.

Die „Maxim“-Redaktion arbeitet an einem Relaunch. „Als Generalisten haben wir es schwer, denn wir werden von den auf Männer ausgerichteten Sport- und Hobbyzeitschriften bedrängt“, sagt „Maxim“-Chefredakteur Stefan Gessulat. Wie sein Blatt nach dem Relaunch aussehen soll, will er noch nicht verraten.

„FHM“ hat ebenfalls investiert, will jetzt eleganter wirken und hat ein doppelseitig bedrucktes Riesen-Nackt-Poster im Heft. Auch gibt es ein Extra-Heft mit Tipps zu Fitness, Mode und Ernährung – der eigene Körper scheint Männer zumindest in gedruckter Form mehr zu interessieren als der von nackten Frauen. So steigerten „Men’s Health“ und „GQ“ ihre Auflage laut IVW im Vergleich zum Vorjahresquartal. „Wir bieten unseren Lesern Nutzwert für alle Lebensbereiche“, sagt „Men’s Health“-Chefredakteur Wolfgang Melcher. Nicht nur, wenn es um den Weg zum Sixpack geht. Auch in Sachen Sex. Aktuell gibt es „die Verführ-Formel für jede Frau“. „Während andere Magazine Frauen eher als Objekt betrachten, wollen wir helfen, Erotik und Partnerschaft zu verbessern“, sagt Melcher.

„FHM“ und „Playboy“ versuchen derweil, ihre Leser durch einen ausgebauten Netzauftritt bei der Stange zu halten. „FHM“ zeigt mehr Fleisch online. Und wer beim „Playboy“ einen Mitgliedsbeitrag zahlt, bekommt auf der Homepage eine größere Auswahl an Bildern zu sehen. Um den Kampf mit den Pornos aus dem Netz aufzunehmen, will der „Playboy“ im Blatt allerdings keine heftigeren Aufnahmen zeigen. „Gynäkologische Nacktheit wird uns auch in Zukunft nicht interessieren“, sagt Schmortte. „Erotik entsteht im Kopf des Betrachters und nicht unter der Gürtellinie.“

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