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Am Ende mit A. Die Schauspieler Max Alberti und Jessica Ginkel wagen sich in Köln mit „Lena – Liebe meines Lebens“ an eine ganzjährige Serienproduktion.

© dpa

Fernseh-Märchen: Das Leben der Fensterputzerin

Mit „Lena – Liebe meines Lebens“ will das ZDF die Telenovela voranbringen. Mit der Siegerin des Eurovision Song Contests hat die Hauptperson jedenfalls nichts zu tun.

Am Ende sind sie alle gleich, jedenfalls wenn man die Namen buchstabiert: Nach Bianca, Julia, Tessa, Nina, Luisa, Nora, Alisa und Hanna nun also Lena, die achte Titelfigur einer Telenovela im ZDF.

Wenn „Hanna – Folge deinem Herzen“ bald ihrem Herzen gefolgt sein wird, kann am 20. September die neue Liebe eines Lebens beginnen: „Lena – Liebe meines Lebens“, werktags ab 16 Uhr 15. Der Titel habe schon vor dem Sommermädchenwunder durch Lena Meyer-Landrut festgestanden, wird allseits beteuert. Aber die positive Erinnerung, die sich mit dem Namen verbindet, kommt Sender und Produzenten nicht ungelegen. Die ZDF-Lena allerdings ist blond, blauäugig und trägt im wirklichen Leben den Namen Jessica Ginkel, bis 2009 noch als „Gute Zeiten Schlechte Zeiten “-Sternchen am Fernsehhimmel unterwegs. In der männlichen Hauptrolle ist Max Alberti zu sehen, der auch schon Serien-Erfahrung hat. Seit sieben Wochen wird gedreht, vor allem im Studio in Hürth bei Köln. Die Außenaufnahmen entstehen im Rheintal und am Schloss Gymnich.

Eine märchenhafte Kulisse braucht es für eine Telenovela, auch ein paar Adlige, die darin wohnen. Darunter einen Don Juan namens David von Arensberg, ein erfolgreicher Filmkomponist, der gerne schöne Frauen vernascht, sogar Vanessa, die neue Flamme seines Vaters, in der Flugzeugtoilette. Dann begegnet er einem Mädchen aus dem Volk, Lena Sander, Polizisten-Tochter und zuletzt Fensterputzerin . Zwischen der zwingend notwendigen „Liebe auf den ersten Blick“-Szene in Folge eins bis zur zwingend notwendigen Vollendung des märchenhaften Glücks dauert es eine Weile. Die Auflösung erfolgt schon in Folge 240.

Krimi-Elemente, viel Musik, schnelles Erzähltempo, hohe „Plotdichte“ – soll heißen: Es passiert viel, das verspricht das ZDF, das Deutschland vor sechs Jahren die erste Telenovela („Bianca – Wege zum Glück“) beschert hat. „Bianca“ und anfangs auch der Konter der Konkurrenz („Verliebt in Berlin“, Sat 1) waren sehr erfolgreich und trugen den Sendern am Nachmittag Marktanteile von über 20 Prozent ein. Den Dauerbrenner „Sturm der Liebe“ (ARD) verfolgen noch immer regelmäßig 2,5 Millionen Zuschauer. „Alisa“ und „Hanna“ schalteten zuletzt eine knappe Million weniger ein. Die Mainzer wären schon zufrieden, wenn „Lena“ die Bilanz wieder etwas auffrischt, besonders bei den Frauen im Alter zwischen 40 und 50.

Außerdem reklamiert Redaktionsleiterin Heike Hempel fürs ZDF und die beteiligten Sender SF und ORF, das Genre Telenovela mit „Lena“ qualitativ weiterzubringen. Wegen der Vielschichtigkeit des Stoffs und der Realitätsnähe des städtischen Milieus. Auch die ästhetische Qualität würde anderen fiktionalen Produktionen nicht mehr nachstehen. „Die Grenzen zu den Familienserien verschwimmen“, sagt Hempel und hielte sogar eine Ausstrahlung in der Primetime für möglich. Fast möchte man dem Stammpublikum nach Ansicht des ersten Trailers beruhigend versichern: Auch „Lena“ hält noch genügend Trivialität in Wort und Bild vorrätig, die klare Einteilung der Welt in Gut und Böse bleibt gewahrt, und das eine oder andere Klischee (der habgierige Adlige, das gutmütige Mädchen aus dem Volk) wird auch gepflegt.

Dem Vorbehalt, Telenovelas würden nicht zum öffentlich-rechtlichen Grundversorgungsauftrag passen, begegnet Hempel offensiv. Der von ARD und ZDF geforderte Nutzen fürs Gemeinwesen reduziere sich nicht auf Nachrichten. Wie Liebesgeschichten populär erzählt würden, sei „viel prägender“. Telenovelas böten durch ihre Laufzeit und den großen Handlungsbogen eine besondere Identifikationsfläche. Hempel verweist auf die Werte-Diskussionen in Internetforen.

Bei allem Respekt vor dem Trivialen werden Telenovelas hierzulande wohl kaum die Bedeutung erreichen wie in Lateinamerika, wo gesellschaftlich relevante Themen in populären Serien verhandelt werden. Mit „Lena“ hat das ZDF erstmals von dort eine Telenovela adaptiert, „Don Juan y su bella dama“, die erfolgreichste Serie Argentiniens in den Jahren 2008/09, produziert von der Endemol-Filiale. Auch die deutsche Version produziert Endemol, gemeinsam mit dem für „Das Leben der Anderen“ Oscar-gekrönten Max Wiedemann und Quirin Berg. Wie zu hören ist, hat der Ruf der Produzenten dazu beigetragen, dass manche Schauspieler ihre Bedenken überwunden haben, bei einer ganzjährigen Dauerproduktion mit nicht ganz einwandfreiem Qualitätsimage mitzuwirken.

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