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Ulrike Folkerts

© SWR

Fernsehen: Das Wort zum Mittwoch

Alles außer Krimi: Schauspielerin Ulrike Folkerts ist endlich wieder in einer anderen Rolle zu sehen.

Mit den Schubladen, in die man aus Serien bekannte Schauspieler gerade in Deutschland gerne steckt, ist es so eine Sache: Zum einen sichern sie den Lebensunterhalt, zum anderen lassen sie einen nicht mehr so einfach raus. Ulrike Folkerts kann ein Lied davon singen. Als Lena Odenthal ist sie eine der beliebtesten „Tatort“-Ermittler, Dienstälteste dazu. Aber wer erinnert sich noch an die Titelrolle im Liebesfilm „Die Leibwächterin“ an der Seite von Barbara Rudnik aus 2005? Oder an den Tod im „Jedermann“ bei den Salzburger Festspielen, den Ulrike Folkerts 2005 und 2006 als erste Frau grandios spielte?

Nun kommt der Mittwochsfilm „Ich bin eine Insel“. Die Geschichte einer Lehrerin, die nach dem tragischen Tod eines Schülers ihren Beruf aufgegeben hat, sich von ihrem Mann trennte, einen Kiosk übernahm und sich nun, wenn überhaupt, nicht mit dem charmanten Nachbarn, sondern lieber mit ihren Pflanzen unterhält. Bis sich die zehnjährige Rosa (ausgezeichnetes Schauspieldebüt: Tülin Karaca!) ausgerechnet die spröde Kioskverkäuferin Thea Winkler als Freundin aussucht, sie nach und nach hartnäckig aus ihrem Schneckenhaus zieht und an ihrem Traum teilhaben lässt, trotz Dickleibigkeit Balletttänzerin zu werden. Zwei einsame Herzen, die, natürlich, gegen ein paar zaghafte Widerstände zusammengeführt werden müssen.

Ein routiniert erzähltes, recht rührseliges Stück Fernsehen mit hübscher, manchmal etwas zu aufdringlicher Musikuntermalung. Der Film wird sicher keine Fernsehpreise gewinnen, erlaubt es Ulrike Folkerts aber, auch mal andere Facetten zu zeigen, andere Sätze zu sagen als „Wo waren Sie denn gestern Abend zwischen neun und elf?“ und „Sind Sie da ganz sicher?“. Verglichen mit dem „Tatort“ hat die Schauspielerin in „Ich bin eine Insel“ ungefähr die Hälfte Dialog. Sie steht öfter schweigend am Fenster, vor Landschaften oder am See. Das nennt man eher verhaltene Spielfreude, eine ausgeflippte Comedy-Sache mit der Folkerts wird das sicher nicht mehr geben.

Es sind ja gewissermaßen Ulrike-Folkerts-Wochen. Am vergangenen Donnerstag hat die 46-jährige Schauspielerin für ihren Einsatz gegen Landminen und Streumunition das Bundesverdienstkreuz bekommen. Mit „Ich bin eine Insel“ hat der Südwestrundfunk, Ulrike Folkerts Haussender, seiner Vorzeigekommissarin nach 18 Jahren und 41 Ausgaben „Tatort“ endlich mal eine Nichtkrimirolle auf den Leib geschrieben und der Folkerts damit einen lang gehegten Wunsch erfüllt. Immer wieder hat die Bambi-Gewinnerin beklagt, dass die Bedenkenträger in den Redaktionen eher auf Altbewährtes setzten und ihnen beim Namen Ulrike Folkerts oft nur Krimi einfalle. Schubladendenken eben.

Das geht ja auch anders. Ein bisschen zumindest. Nichts, aber auch gar nichts gegen den Anspruch eines unterhaltsamen Mittwochabendfilms, der niemandem wehtut und um die Themen Toleranz und Verantwortung kreist, aber vielleicht sollten die verantwortlichen Produzenten und SWR-Redakteure doch noch mal ihre Fantasie anregen und Ulrike Folkerts andere, spannendere Bücher nahe legen. Warum nach der „Leibwächterin“ keinen weiteren Liebesfilm oder sogar eine Komödie? Es muss ja nicht gleich „Die Supernasen“ sein. Außerdem: Arbeitet ZDF-Mann Peter Hahne jetzt beim SWR? Mit „Ich bin eine Insel“ hat sich jener Redakteur, der sich den Titel dieses Films ausdachte, jedenfalls unsterblich gemacht. Der Mann oder die Frau hat zu viel „Wort zum Sonntag“ gesehen.

Oder heimlich John Donne gelesen. Wie sagte der englische Schriftsteller bereits im 17. Jahrhundert: „Niemand ist eine Insel, in sich selbst vollständig; jeder Mensch ist ein Stück des Kontinentes, ein Teil des Festlands (...) Jedes Menschen Tod ist mein Verlust, denn mich betrifft die Menschheit; und darum verlange nie, zu wissen, wem die Stunde schlägt; es gilt dir selbst.“

Am nächsten Sonntag schlägt die Stunde dann wieder im „Tatort“, mit Kommissarin Lena Odenthal. Mit Ulrike Folkerts. Und sicher wieder acht Millionen Zuschauern.

„Ich bin eine Insel“, ARD, 20 Uhr 15

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