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Medien: „Fernsehen wird teurer“

Das Privat-TV will mehr Geld vom Zuschauer und fürchtet neue Konkurrenz von den Telekoms dieser Welt

Herr Doetz, stehen die Privatsender noch unter Schock, weil die Bundesligarechte nicht an Premiere, sondern an Arena gegangen sind? Immerhin ist Arena kein Fernsehsender, sondern die Tochter eines Kabelnetzbetreibers.

Nein. Wir wussten, dass die Digitalisierung den ganzen Markt umpflügen wird. Was viele und auch mich überrascht hat: wie schnell diese Zukunftsperspektive Realität wird. Die neuen Player sind jetzt schon im Markt. Damit tut sich für die Privatsender eine doppelte Zwickmühle auf. Auf der einen Seite neue Wettbewerber wie Kabelnetzbetreiber mit enormen finanziellen Ressourcen, auf der anderen Seite die gebührenfinanzierten Öffentlich-Rechtlichen, mit denen wir, wie es sich beim Erwerb der Rechte für die Fußball-Bundesliga gezeigt hat, finanziell nicht mithalten können. Dazwischen einen Erfolgsweg zu finden, wird immer schwieriger.

Müsste die künftige Schlachtordnung nicht heißen: alle Fernsehsender gemeinsam gegen die Telekommunikationsriesen und Kabelnetzbetreiber?

Es ist viel schwieriger geworden: Wir müssen uns streiten, und wir müssen kooperieren! Wir klagen wegen der Expansion der Öffentlich-Rechtlichen in Brüssel und versuchen den Schulterschluss mit ihnen zum Beispiel gegen die Frequenzansprüche der Mobilfunker, mit denen wir wiederum neue Geschäftsmodelle für die Programmnutzung vereinbaren müssen. Also: Die alten Schlachtordnungen taugen nur noch bedingt, diese komplizierten Interessenlagen verlangen eine neue, sehr professionelle Streitkultur bei allen Wettbewerbern.

Gilt der Grundkonsens in Rundfunk-Deutschland nicht mehr: dass Programmveranstalter und Programmtransporteur getrennt arbeiten?

Das ist Vergangenheit, von der Realität überholt. Das heißt aber nicht, dass deswegen jeder Plattformbetreiber gleich Programmveranstalter ist oder umgekehrt, oder dass die Programmveranstalter von heute und morgen dann nur noch Programmlieferanten sind. Wir haben die Diskussion auch in unserem Verband: Was ist mit Unternehmen, die Telekommunikationsunternehmen sind und Programme kaufen – sind die deswegen morgen Rundfunkveranstalter, auch wenn dies für sie letztendlich nur eine Marketing-Veranstaltung ist?

Wo in aller Welt fängt ein Rundfunkveranstalter, ein Sender an, wo hört er auf?

Es gibt einen Medienwächter, der mal gesagt hat, Rundfunkveranstalter ist künftig der, der Geld hat und über Reichweite verfügt.

Wäre das die ehrlichste aller Definitionen?

Was wir heute noch als Rundfunk verstehen, kriegen Sie morgen über die verschiedensten Geräte, über die verschiedensten Verbreitungswege in Konkurrenz zu den Angeboten neuer Player. Nur: Solange man den klassischen Rundfunk noch mit Sonderregulierungen überzieht, solange man uns lizenziert, die Inhalte mehr als bei allen anderen Medien kontrolliert und in Deutschland uns noch immer eher als Kulturgut denn als Wirtschaftsgut verstanden sehen will – so lange ist der Sonderstatus gerechtfertigt.

Nun ist das Privatfernsehen nicht faul, wenn es um eigene Interessen, um das Aufspüren neuer Geldquellen geht. Die Digitalisierung des Fernsehens bedeutet, dass aus dem Privatfernsehen ein Pay-TV wird.

Alle privaten Pay-TV-Sender sind in der digitalen Welt für eine Grundverschlüsselung. Digitalisierung bedeutet Adressierbarkeit, bedeutet Gebietsschutz, bedeutet Sicherheit, was Datenpiraterie betrifft. Auch die Programme der öffentlich-rechtlichen Anstalten werden in absehbarer Zeit grundverschlüsselt sein. Das ist das eine Thema, und das hat überhaupt nichts mit Pay-TV zu tun. Das zweite Thema ist, dass der Nutzer künftig für private Programme zusätzlich – mal mehr, mal weniger – wird zahlen müssen. Niemand regt sich doch zurzeit darüber auf, wenn er monatlich seine Kabelgebühr bezahlt – und nun kommen wahrscheinlich noch eine Satellitengebühr und eine Terrestrikgebühr in den Markt. Wenn die Netzbetreiber das kassieren wollen, wollen wir etwas abhaben. Wir liefern schließlich erst das, was die Technik interessant macht.

Was wird auf den einzelnen Haushalt zukommen?

Wenn die Hörer und Seher ihre Programmvielfalt sichern oder sogar erweitern wollen, wird dies mehr Geld als bisher kosten. Ich gehe davon aus, dass Fernsehen teurer werden wird.

Wie wird sich der Nutzer verhalten? Wird er zum Handy-TV-Seher?

Auch das wird keine kostenlose Veranstaltung werden!

Und die Stücke vom Kuchen werden für die Veranstalter immer kleiner.

Die Stücke werden kleiner, und wenn die Kuchenstücke kleiner werden, müssen wir eben auch neue Konditoreien beliefern.

Ist die Telekom Mitglied des VPRT?

T-Online ist Mitglied des VPRT.

Dann haben Sie ja den künftigen Feind schon im eigenen Haus.

Das ist eine schwierige Diskussion. Ich habe ja schon eingangs auf die neue Streit- und Kooperationskultur hingewiesen. Für unsere Mitgliederversammlung liegt allerdings ein Satzungsantrag vor, die ordentliche Mitgliedschaft von Unternehmen mit einem erheblichen staatlichen Besitzanteil auszuschließen ...

Sie werden T-Online vor die Türe schicken?

Nein, wir werden sie möglicherweise von den Lasten des ordentlichen Mitglieds befreien und dann eben ein außerordentliches Mitglied mehr haben. Aber mal Spaß beiseite. Das ist ein wichtiges Thema der Mitgliederversammlung in Stuttgart, wir machen uns diese Entscheidung nicht leicht. Und: Noch ist T-Online ordentliches Mitglied.

Vielleicht sollte der VPRT T-Online als Mitglied behalten. Bald wird die Telekom einen Sender kaufen, vielleicht sogar die Pro Sieben Sat. 1 Media AG.

Schönen Gruß ans Kartellamt!

Aber die Vodafons dieser Welt werden Sender kaufen, oder?

Dass Telekomunternehmen nicht nur Programminhalte kaufen, sondern auch Know-how, bedeutet, dass sie sich entweder die Menschen aus den Sendern oder eben gleich ganze Sender kaufen.

Das Interview führten Thomas Eckert und Joachim Huber.

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