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Medien: Fernsehmuseum: Kuli

Immer zu Beginn von "Einer wird gewinnen" trat Kuli vor sein Publikum und plauderte. Das konnte dauern, aber es war nie zu lang.

Immer zu Beginn von "Einer wird gewinnen" trat Kuli vor sein Publikum und plauderte. Das konnte dauern, aber es war nie zu lang. Der Eröffnungsmonolog war stand up-comedy, politischer Kommentar und Charmeoffensive in einem. Dieser Auftritt vor der Samstagabend-Nation machte das Zentrum seines Erfolges aus. Hans Joachim Kulenkampff brachte den Deutschen etwas bei, wonach sie sich so sehr sehnten: charmante Weltläufigkeit. Er war gebildet ohne Attitüde, humorvoll ohne Schenkelklopfen, und er konnte hemmungslos flirten. Der gelernte Schauspieler hat eine Fernsehfigur entwickelt. Er war nicht "Kuli", er spielte ihn: jovial, (selbst-)ironisch, elegant und gern ein wenig stichelnd. Er selbst hielt nicht so viel von seiner Leistung im TV, bis ins hohe Alter trug er sich in Hotels als Schauspieler ein. "Die Leute sind gar nicht so dumm, wie wir sie durchs Fernsehen noch machen werden", lautete sein hellsichtiger Kommentar. Ein Riese wäre er heute im Oliver-Geißen-Land, wo jeder denkt, er sei ein Moderator, wenn er sich nur die Haare verwuschelt und das Hemd aus der Hose zieht. Dass er unersetzbar war, zeigte sich beim unendlich peinlichen "EWG"-Remake mit Jörg Kachelmann. Wie so viele Stars sah Kulenkampff sein wahres Talent nicht dort, wo er Erfolg hatte. Er suchte die Anerkennung als Charakterdarsteller, die Fans aber wollten immer nur den Quizmaster. Und wie so viele große Männer fand er nicht den rechten Zeitpunkt aufzuhören. Nach "EWG" sprach er fünf Jahre lang die "Nachtgedanken" in der ARD, floppte mit seinem "Buchclub" auf RTL und tingelte mit weiteren Quizprogrammen durch die Dritten. Erst ein halbes Jahr vor seinem Tod 1998 gab er seinen Rückzug vom Bildschirm bekannt, auch dies nicht ohne Bonmot: "Als Kind ist einem die Welt ziemlich klar - und wenn man stirbt, weiß man gar nichts."

Matthias Frings

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