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Geplatzter Deal. Kabel Deutschland gilt nun selbst als Übernahmekandidat, auch wenn Vodafone Marktspekulationen nicht kommentieren will. Foto: Reuters

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Fernsehnutzung: Knoten in Kabel Deutschland

Die hohen Auflagen des Kartellamts verhindern die Übernahme von Tele Columbus. Zugleich baut das Satelliten-TV die Marktführerschaft aus.

Für Kabel Deutschland ist die Übernahme des Konkurrenten Tele Columbus mit dessen über 1,5 Millionen Kunden praktisch vom Tisch. In einer vorläufigen Einschätzung hatte das  Bundeskartellamt Kabel Deutschland nach mitgeteilt, dass die Übernahme nur Aussicht auf eine Zusage habe, wenn der Marktführer unter den Kabelfernsehgesellschaften mit seinen rund 8,5 Millionen Kundenhaushalten 60 Prozent der durch die Übernahme hinzukommenden Haushalte gleich wieder veräußert. Das sei doppelt so viel wie von Kabel Deutschland für den Fall der Genehmigung zugesagt. Kabel Deutschland, das mit seiner im Mai 2012 angekündigten Übernahme von Tele Columbus vor allem seine Position in den östlichen Bundesländern stärken wollte, hatte angeboten, sich von Netzen in Berlin, Dresden und Cottbus zu trennen. Während Tele Columbus – der Hauptsitz befindet sich in Berlin – nun wieder in den Fokus anderer Investoren rückt, wird Kabel Deutschland ebenfalls zum Übernahmekandidaten.

Konkrete Auswirkungen hat die für den 25. Februar erwartete Ablehnung der Übernahme für die Kunden von Tele Columbus nur insofern, als dass die von Kabel Deutschland avisierten Investitionen in das Unternehmen ausbleiben. „Wir bedauern, dass das Bundeskartellamt trotz unserer umfangreichen Zusagen, mit denen wir bis an die Grenze des wirtschaftlich Vertretbaren gegangen sind, an seinen Bedenken festhält. Die Transaktion hätte große Vorteile für Infrastrukturwettbewerb und Verbraucher mit sich gebracht“, sagte Kabel-Deutschland-Chef Adrian von Hammerstein. Geplant gewesen sei unter anderem, die Netze von Tele Columbus mit Hochgeschwindigkeitsinternetanschlüssen zu versehen. Weiterhin habe Kabel Deutschland bei Tele Columbus in den Ausbau des HD-Fernsehprogramms investieren wollen. Kabel Deutschland bietet seinen Kunden den Zugang zu 45 HD-Sendern, bei Tele Columbus sind es aktuell 22. Bei den Internetzugängen übertrifft Tele Columbus allerdings mit seinem schnellsten Angebot von 128 Megabit/Sekunde den Konkurrenten. Die Übernahme von Tele Columbus hätte Kabel Deutschland zufolge auch aus Wettbewerbssicht Vorteile geboten, da damit der Kabelnetzbetreiber in Nordrhein-Westfalen und Hessen in den Wettbewerb zu Unitymedia KabelBW eingetreten wäre.

Durch die geplatzte Tele-Columbus-Übernahme wird Kabel Deutschland Marktbeobachtern zufolge nun selbst zum Übernahmekandidaten. Direkt nach Bekanntwerden der vorläufigen Kartellamtswertung wurde Vodafone als möglicher Käufer erneut ins Spiel gebracht. Das in Düsseldorf ansässige Unternehmen ist auf dem Markt für IP-TV tätig und könnte durch den Zukauf von Kabel Deutschland seine Position im stationären Internet- und Telefonmarkt verbessern. Der Kurs der Kabel-Deutschland-Aktie zog am Dienstag zunächst etwas an, lag am Nachmittag aber wieder unverändert auf Vortagsniveau. Vodafone bezeichnet die Gerüchte als Marktspekulationen, die man nicht kommentieren werde.

Als Kabel Deutschland die geplante Übernahme von Tele Columbus für über 600 Millionen Euro beim Kartellamt angezeigt hatte, ging das Unternehmen davon aus, dass die Wettbewerbshüter neben den zugesagten Investitionen auch die veränderten Marktbedingungen insbesondere durch das Internet berücksichtigen würden. Nach der Quasi-Ablehnung will sich das Unternehmen auf das eigene Wachstum konzentrieren. „Wir sind auf diese Transaktion nicht angewiesen, denn wir haben mit unserer leistungsfähigen Infrastruktur und unseren attraktiven Internet- und Fernsehprodukten über Jahre hinaus großes organisches Wachstumspotenzial“, sagte Hammerstein. Neben den Paketen für HD-Fernsehen und Hochgeschwindigkeitsinternet soll das Geschäft mit digitalen Videorekordern ausgebaut werden. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, erklärte hingegen: „Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Ich kann aber bestätigen, dass das Bundeskartellamt den Beteiligten deutlich gemacht hat, dass das von Kabel Deutschland vorgelegte Zusagenangebot unzureichend ist.“ Bereits Anfang Dezember hatte Mundt gesagt, dass sein Amt die Übernahme „kritisch“ bewerte. Vor allem gegenüber der Wohnungswirtschaft würden Kabel Deutschland und Hauptkonkurrent Unitymedia sonst zu mächtig. Auch der Zusammenschluss von Unitymedia und Kabel Baden-Württemberg Ende 2011 war nur unter weitreichenden Bedingungen und Auflagen freigegeben worden. Unter anderem verzichtete Unitymedia auf die Verschlüsselung digitaler Free-TV-Programme.

Das Kerngeschäft wird unterdessen für die Kabelfernsehanbieter immer schwieriger. Der Satelliten-TV-Anbieter Astra hat am Dienstag den TV Monitor 2012 veröffentlicht. Demnach ist die Zahl der TV-Haushalte mit Kabelfernsehen im Jahresvergleich um drei Prozent auf 16,7 Millionen gesunken, während in der gleichen Zeit die Zahl der Satelliten-Haushalte um 600 000 auf 18,1 Millionen gestiegen ist. Bei den Hauptfernsehgeräten führt Satelliten-TV den Markt nun mit einem Anteil von 47 Prozent an, das TV-Kabel kommt auf 44 Prozent, DVB-T und das Internetfernsehen legten nach der Abschaltung des analogen Satellitensignals zu und kommen auf 2,05 Millionen beziehungsweise 1,26 Millionen Haushalte. Den Vorsprung ausbauen konnte das Satellitenfernsehen besonders beim Empfang von HD-Programmen. 7,9 Millionen Satellitenhaushalte nutzen inzwischen das hochauflösende Fernsehen, das sind zwei Millionen mehr als noch 2011. Beim Kabel stieg die Zahl der HD-Haushalte um 1,4 Millionen auf 5,9 Millionen. Der Abstand resultiert daraus, dass von den Kabelkunden noch immer über 40 Prozent ihr TV-Signal mit analoger Technik empfangen, während Satellit, DVB-T und IPTV ausschließlich digital arbeiten.

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