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Zu demütig? Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Arbeitsministerin.

© dpa

Fernsehporträt von Ursula von der Leyen: Der Bundesarbeitsministerin nah, aber nicht zu nah

Die ARD zeigt am Montagabend ein Porträt der Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen. Das Timing ist perfekt, hat sie sich doch grad mit der "Lebensleistungsrente" durchgesetzt. Die Kamera ist immer dabei, wirklich nah kommt sie der Ministerin aber nicht.

Ursula von der Leyen geht einen Redetext durch, markiert hier, unterstreicht dort, auf der Suche nach der richtigen „Melodie“. Ob sie das gelernt, einen Rhetorikkurs belegt habe, fragt Filmautorin Gesine Enwaldt. Nein, erwidert die zierliche Frau hinter dem Schreibtisch, sie hätten früher in der Familie viel Theater gespielt. „Ich war ganz oft der Verkündigungsengel oder Maria.“ „Früher Maria, heute Sozialministerin“, kommentiert die Autorin aus dem Off. Das Timing für dieses Porträt ist perfekt. Vor Tagen hat sich die Koalition auf einen Kompromiss bei der „Lebensleistungsrente“ geeinigt. Von der Leyen erklärt, sie habe zu lange gewartet, „um konsequent und auch mit einer gewissen Rabiatheit“ das Thema Bekämpfung der Altersarmut in Fraktion und Partei zu tragen. Da ist sie wieder, die taffe Bundesministerin. Die von „unendlichen Gesprächsrunden“ redet, dabei ihre Ungeduld mühsam hinter einem Lächeln verbirgt. Auch prophezeit sie, dass die Union nach der Wahl keine Koalition mehr eingehen werde, in der ihr Mindestlohnmodell nicht umgesetzt werde.

Hübscher Sprengstoff. „Hinter die Fassade blicken“, wie Autorin Enwaldt hoffte, ließ sich von der Leyen nur begrenzt. Die Kamera ist bei internen Besprechungen dabei, „ganz selten vergisst sie die Kamera, vergisst sich und uns zu kontrollieren“, erklärt Enwaldt. Ursula von der Leyen ist immer freundlich, auch dann, wenn sie erkennbar angespannt wirkt. Privates ist tabu. Die Tür zum Hinterzimmer in ihrem Berliner Büro, wo die unermüdliche Ministerin die Nächte verbringt, bleibt zu. Ihr Ehemann und die sieben Kinder, die zu Beginn ihrer politischen Karriere auch mal öffentlich präsentiert wurden, sind nur noch in alten Aufnahmen aus dem Archiv zu sehen.

Abseits des politischen Treibens in Berlin gewährt die 54-Jährige dem Filmteam ein Interview bei einem Spaziergang im heimischen Burgdorf. Da berichtet sie von einem „Schlüsselerlebnis“ mit ihrem Vater Ernst Albrecht, dem ehemaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten, der von der Tatsache, dass sie nicht nur Mutter, sondern auch berufstätige Ärztin sein wollte, wenig hielt. Ursula von der Leyen schüttelt sich noch heute, sie sei so wütend gewesen, „ich war ja sein Augapfel“, sagt sie. Da habe sie sich vorgenommen: „Na warte, ich zeig’s dir.“

Das wirkt sympathisch und authentisch, ist vermutlich wahr – und Selbstinszenierung zugleich. Sympathisch ist auch, dass Autorin Enwaldt dies reflektiert und gelegentlich zweifelnde Fragen aufwirft wie: „Geht es um Wirkung oder Wirklichkeit?“ Ob es allerdings von Bedeutung ist, zu wissen, dass die Ministerin „auch mal Kaffee holt für die Kollegen“, ist zweifelhaft. „Spiegel“-Journalist Dirk Kurbjuweit überrascht mit der Beobachtung, Ursula von der Leyen würde gegenüber der Bundeskanzlerin eine Unterwerfungshaltung einnehmen. Und Duzfreundin Angela Merkel? Sagt nichts. Was vielleicht auch eine Botschaft ist.

„die story: Merkels streitbare Ministerin“, Montag, 12.11.2012 ARD, 22 Uhr 45

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