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Film-Event: Rabe, Kelly, Rommel

Das Interesse der Produzenten und Sender an großen historischen Personen ist ungebrochen. Am Montag läuft "John Rabe" im ZDF. Der Hamburger Kaufmann wurde in China als "lebender Buddha" verehrt.

„München 72“ über den Anschlag von Palästinensern im olympischen Dorf, der „Borgias“-Clan, ein erfolgreicher Sechsteiler im ZDF, die Tragödie des versenkten Kreuzfahrtschiffes „Laconia“ im Zweiten Weltkrieg, zu sehen ab Mittwoch in der ARD , „John Rabe“ heute Abend im Zweiten – der Mut der Produzenten und Sender sowie die Lust der Zuschauer auf große historische Themen und Figuren scheint ungebrochen. Geschichte als Event-Film. Wobei das mit der Lust der Zuschauer so eine Sache ist. Der 18 Millionen Euro teure Film „John Rabe – Der gute Deutsche von Nanking“ zog 2009 nur 200 000 Besucher in die Kinos.

Ein Flopp, auch für Jan Mojto mit seiner Eos Entertainment, einer von acht am Großevent beteiligten Produktionsfirmen. „ Bei diesem Film sind leider einige Millionen Euro nicht zurückgekommen. Meine Firma hat hier Geld verloren.“ Trotzdem würde Mojto diesen Film noch einmal machen, weil er „John Rabe“ für ein sehr wichtiges Thema halte. Dieser Typus des tüchtigen, offenen, internationalen und anständigen Deutschen, den es ja tatsächlich gab, sei in den Filmen über den Zweiten Weltkrieg in den Hintergrund geraten.

Eine Erklärung für die schwache Ausbeute im Kino hat Mojto nicht. Vielleicht ist „John Rabe“ etwas fürs Fernsehen; mit 50 Minuten extra, um Szenen und Hintergründe ergänzt, die in der Kinoversion nicht unterzubringen waren. Auch die Kritik – Schlagwort: „der naive Nazi“ – tat sich schwer mit der melodramatisch leicht überinszenierten Aufarbeitung von Florian Gallenberger über die Geschichte jenes Hamburger Kaufmanns, der 1937 in der damaligen chinesischen Hauptstadt Nanking mehr als 200 000 Menschen vor den Exzessen japanischer Soldaten rettete. Rabe ließ in seiner Firma eine riesige Hakenkreuzfahne als Schutz vor japanischen Bombern über die rettungsuchenden Chinesen spannen und eine Schutzzone errichten, in die sich Frauen und Kinder flüchten konnten.

In China verehrt man Rabe, der 1950 in Berlin starb, als nationalen Helden, in Deutschland kannte ihn kaum jemand. Das änderte sich mit dem Erscheinen seiner Tagebücher in den 90er Jahren und eben jenem Kinofilm vor zwei Jahren. Für seine Verkörperung der Titelrolle räumte Ulrich Tukur beim Deutschen Filmpreis als bester Hauptdarsteller ab. Das ZDF schickt an diesem Abend noch eine 45-minütige Dokumentation hinterher, eine Spurensuche in das frühere Wohnhaus des Siemens-Managers, das heute inmitten von Wolkenkratzern steht, und erzählt anhand von Originalfilmen, Fotos und Zeitzeugen die Geschichte eines Mannes, der in China als „lebender Buddha“ verehrt wurde. Die Autoren sprachen mit Rabes Enkeln sowie mit dem Vater von Ulrich Wickert, der in China bei Rabe gewohnt hat.

Nicht nur für Jan Mojto und seine auf Historyevents („Sturmflut“) spezialisierte Eos Entertainment ist das der Stoff für einen großen filmischen Wurf. Mojto war lange Zeit die rechte Hand Leo Kirchs. Heute ist er einer der wichtigsten Filmproduzenten und Filmrechtehändler Europas und hat mit „Rommel“ oder „Grace Kelly“ die nächsten historischen Figuren im Visier. Ihn interessiere die Frage, wie sich die Menschen in Grenzsituationen verhalten. „Welche Wahl treffen sie? Niemand ist nur gut oder nur böse.“ Bei „Borgia“ sei es die Erkenntnis, dass wir uns als Menschen über die Jahrhunderte hinweg viel weniger verändert haben, als die Welt um uns herum. Bei „John Rabe“ ist es der Mut, gegen den Strom zu schwimmen. Bei „Grace Kelly“ der Ausbruch aus der eigenen Beschränkung, der Wille, sich gegen eine übermächtige Familie durchzusetzen. „Kurz“, so Mojto, „es müssen packende Themen, spannende Figuren sein.“

Spannend und manchmal nicht eindeutig, wie Wehrmachtsgeneral Erwin Rommel. Zwischen der Rommel-Familie und dem SWR-Filmteam ist ein Streit darüber entbrannt, ob die Entwicklung Rommels vom Hitler-Bewunderer zum Hitler-Kritiker adäquat wiedergegeben wird. Die Dreharbeiten zu „Rommel“ in Koproduktion unter anderem mit Teamworx haben gerade begonnen. Der Film soll im Herbst 2012 in der ARD ausgestrahlt werden. Jan Mojto muss hier zumindest nicht um eine Kinopleite fürchten.

„John Rabe – Der gute Deutsche von Nanking“, ZDF, 20 Uhr 15

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