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Medien: "Forscher für den Krieg": Wenn Wissenschaftler töten - Doku-Reihe im Arte-Programm

Wie mag es sein, an der Flüssigkeit zu ersticken, die die eigene Lunge produziert? Oder wie, sie heraus zu husten, nach und nach?

Wie mag es sein, an der Flüssigkeit zu ersticken, die die eigene Lunge produziert? Oder wie, sie heraus zu husten, nach und nach? Die Dokumentation "Giftgas - Der unsichtbare Tod", die heute um 20 Uhr 45 im Programm von Arte läuft, beantwortet die Fragen nicht. Das kann niemand. Sie stellt aber auch keine. Das ist sehr schade angesichts des Stoffes, aus dem der erste Teil der dreiteiligen Reihe "Forscher für den Krieg" gemacht ist. Es geht um den deutschen Chemiker Fritz Haber, der dafür gesorgt hat, dass im Ersten Weltkrieg Giftgas eingesetzt wurde. Es war seine Idee.

Im Winter 1914 war der deutsche Angriff ins Stocken gekommen. Der Stellungskrieg in den Schützengräben begann. Haber, Chemiker am Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut, wusste, wie man die Fronten aufbrechen und den Krieg in Gang bringen könnte. Er experimentierte mit Chlorgas und schlug es dem Generalstab als Waffe vor. Die Oberste Heeresleitung war skeptisch - moderne Wissenschaft und Armee begegneten sich schließlich zum ersten Mal. Der erste Chlorgas-Großeinsatz beeindruckte sie, Haber war enttäuscht. Seine fassungslose Ehefrau Clara, auch sie war Chemikerin, schoss sich eine Kugel ins Herz, als sie einsah, dass ihren Mann Tod und Elend, die er über die Schlachtfelder brachte, kalt ließen. Am Morgen nach ihrem Tod fuhr Haber wieder an die Ostfront, um einen Einsatz zu leiten. Es galt, stärkere Waffen als Chlor zu finden. Phosgen und Senfgas zum Beispiel.

Warum macht ein Wissenschaftler so etwas? Nur die Frage allein, keine andere, müsste die Motivation zum Drehen solcher Filme sein, die "Forscher" und "Krieg" im Titel führen. Autorin Lisa Jones geht darüber hinweg. Zwar findet sich ein Biograph, der in die Kamera sagt, der konvertierte Jude Haber wollte deutscher sein als die Deutschen, deshalb tat er, was er tat. Nun ja. Auch der kolportierte Ausspruch Habers, nach dem ein Wissenschaftler im Frieden der ganzen Menschheit gehöre, im Krieg aber seinem Land, kratzt nur an der Oberfläche. Welcher Krieg war denn in den Vernichtungslagern zu gewinnen, für die er das Zyklon B erfand?

Das Gas ist auch heute nicht aus der Welt, vielleicht aber der Zynismus. Haber bekam 1919 für seine Leistungen vor dem Krieg den Nobelpreis. Das würde heute nicht mehr geschehen.

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