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Medien: Frage- und Antwortspiel

Novelle des Kartellrechts: Öffentliche Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Bundestags

Sollte die Redewendung „Gut Ding braucht Weile“ stimmen, muss das neue Gesetz zur Fusionskontrolle bei Zeitungen ganz prima werden. Am Montag fand im Bundestag die öffentliche Anhörung des Wirtschaftsausschusses statt. Fast dreieinhalb Stunden standen etwa zwei Dutzend Verleger, Kartellrechtler, Medienwissenschaftler, Gewerkschafter sowie Verlagsjuristen und -manager den mindestens ebenso vielen Politikern der Fraktionen für Fragen zur Verfügung. Als Grundlage diente eine 183 Seiten dicke Materialiensammlung mit den schriftlichen Stellungnahmen aller Verlage und Organisationen, die von einer anstehenden Liberalisierung der Pressefusionskontrolle betroffen sein könnten. Es geht um die Frage, ob Fusionen zwischen zwei Verlagen erleichtert und bei notleidenden Zeitungen unter bestimmten Bedingungen sogar dann ermöglicht werden sollen, wenn sie dadurch eine marktbeherrschende Stellung erlangen. Als zusätzliche Möglichkeit ist vorgesehen, dass Zeitungshäuser gemeinsame Unternehmen für das Anzeigengeschäft oder andere, nicht die Redaktion betreffende Verlagsabteilungen betreiben.

Zu den Befürwortern des von Wolfgang Clement in den Bundestag eingebrachten Gesetzentwurfs zählt Verleger Klaus Ebner vom Verband der Zeitungsverleger. Für ihn ist die Gesetzesnovelle ein „Instrument zur Selbsthilfe“, wenn sämtliche Rationalisierungsmaßnahmen außerhalb der Redaktionen ausgeschöpft sind. Der Vorsitzende der Monopolkommission und der Kartellamtschef Ulf Böge behaupteten hingegen wiederholt, es sei nicht Aufgabe des Staats, auf Marktveränderungen mit neuen Gesetzen zu reagieren. Stattdessen müssten in einer freien Marktwirtschaft die Verlage eigene Wege finden oder den Markt entscheiden lassen. Von der SPD befragt, ob sich die Situation der Tageszeitungen tatsächlich verschlechtert habe oder ob die Verlage ihre Hausaufgaben nicht gemacht hätten, sprach Tagesspiegel-Verleger Dieter von Holtzbrinck von „gefährlichen Änderungen“ bei Zeitungen, da die elektronischen Medien das Werbe- und Leseverhalten zu Lasten von Print strukturell beeinträchtigt hätten. Er verwies auf die Pisa-Studie und die hohe Anzahl junger Nicht-Leser. Würde sich wie bei der Arbeitsmarktpolitik zu lange nichts ändern, werde „der Karren vor die Wand gefahren“. Die Marktabgrenzungen, die das Kartellamt zwischen Kauf-, Abo- und Wochenzeitungen ziehe, seien zu eng und führten sehr schnell zu marktbeherrschenden Stellungen. Die Folge sei, dass Zeitungen nach Rationalisierungen in der Technik und im kaufmännischen Bereich künftig bei den Redaktionen sparen müssten, anstatt sich mit Nachbarzeitungen ökonomisch zusammenzuschließen.

Nun gilt es, den Gesetzentwurf eventuell noch zu modifizieren, um möglichst hohen Konsens zu erreichen. In der zweiten Novemberhälfte könnte das Gesetz nach den Lesungen im Bundestag vom Bundesrat verabschiedet werden und dann zum 1. Januar 2005 in Kraft treten.

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