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Medien: Französische Weltrevolution

„French CNN“ soll das Monopol von CNN und BBC brechen

Das Verhältnis zwischen Frankreich und den USA ist momentan so schlecht, dass selbst Diplomaten alle Contenance fahren lassen. Der französische Außenminister Dominique de Villepin hat am Freitag erneut beklagt, amerikanische und britische Medien hätten „Lügen und Verleumdungen“ über sein Land verbreitet. Frankreich hat deswegen eine Liste von Artikeln veröffentlicht, darunter Berichte namhafter US-Blätter von „Newsweek“ und „New York Times“ bis zur „Washington Times“, in denen Paris unter anderem der Waffenlieferungen an den Irak beschuldigt wurde. De Villepin sagte dem Radio France Inter: „Diese veröffentlichten Informationen stützen sich häufig auf Regierungsquellen.“ Solche Lügen könnten nicht akzeptiert werden. Die USA haben den Vorwurf einer gezielten antifranzösischen Kampagne in der Irak-Krise zurückgewiesen. Es gebe keine von oben angeordnete Aktion, betonte der Sprecher der Weißen Hauses, Sean McCormack.

Dominique de Villepin wird dies nicht überzeugen. Seit Beginn der Irak-Krise reiht sich für Frankreichs Spitzenpolitiker und Medienbeobachter in punkto Berichterstattung ein Albtraum an den anderen: Das Ereignis, auf das Ende Februar ganz Paris so stolz war, der historische Beifall im UN-Sicherheitsrat für die engagierte Rede des französischen Außenministers gegen einen Krieg im Irak, ausgerechnet diese Passage wurde im amerikanischen Fernsehen nicht gezeigt.

Den trügerischen Berichten in US-Medien will Frankreich nun den Kampf ansagen, mit einem Projekt, das schon lange in den Schubladen der Regierung schmort. Nach dem Vorbild des amerikanischen CNN soll ein französischer internationaler Nachrichtensender geschaffen werden, ausgestrahlt in den Sprachen Französisch, Englisch, Arabisch und Spanisch. „French CNN“ – ein Traum vor allem von Staatspräsident Jacques Chirac, der bei der Realisierung des Projekts auf Tempo drängt, um endlich mit der britischen BBC und dem amerikanischen CNN konkurrieren zu können. „Frankreich sollte stärker im Bilderkampf vertreten sein.“

Seit der Anordnung „von oben“ laufen die Vorbereitungen für den internationalen französischen Nachrichtensender auf Hochtouren. Drei Bewerbungen liegen vor, über die die federführenden Ministerien Kultur und Außenpolitik noch im Mai entscheiden werden. Ins Rennen gehen Frankreichs größter Privatsender TF 1, gemeinsam mit seinem Nachrichtenkanal LCI, die öffentlich-rechtliche Anstalt France Télévisions (France 2, France 3 und der im französischen Sprachraum Kanada, Belgien und Schweiz vertretene Sender TV 5) mit Radio France Internationale (RFI) sowie das private Fernsehen Canal plus mit seiner Nachrichtensparte i-Télé.

Beobachter geben den Konzepten der Privaten bislang die größeren Chancen, weil sie beide dem Wunsch der Regierung nach einer gemischten Trägerschaft des neuen Senders entsprechen, 50 Prozent privat, 50 Prozent staatlich. Der staatliche Konkurrent France Télévisions/RFI hingegen weigert sich bislang, die privaten Sender mit ins Boot zu nehmen und musste dafür erste spöttische Bemerkungen hinnehmen. „Ein reiner Staatssender, der vom Außenministerium kontrolliert und von Pressesprechern beliefert wird, das kommt einem schon ein bisschen vor wie Ceausescus Rumänien“, bemerkte bissig der Chef von TF 1, Patrick Le Lay.

Von den zu erwartenden enormen Kosten für das ehrgeizige Vorhaben hat sich die französische Regierung trotz leerer Kassen bislang nicht schrecken lassen. Statt wie ursprünglich geplant mit 30 bis 40 Millionen Euro Jahresetat, soll der französische CNN-Kanal sogar mit rund 80 Millionen Euro ausgestattet werden. Augen zu und durch, sagen sich die Befürworter des Projekts und führen, wie Außenminister Dominique de Villepin, immer wieder an: „Eine einmalige Chance, die französische Medienlandschaft neu zu strukturieren und endlich die Möglichkeit, Frankreich und der französischen Sprache weltweit Gehör zu verschaffen.“ Schon zu den Europawahlen im Frühsommer nächsten Jahres soll die erste Sendung von CNN à la française über die Bildschirme laufen.

Sabine Heimgärtner[Paris]

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