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Medien: Friedrich, plötzlich knallwach

„Die Ohrfeige“: ein heiterer Reigen über Wege und Umwege des Lebens

Ganz am Anfang setzt es eine, und ganz am Ende noch eine. Ohrfeigen. Die zu Beginn landet krachend auf der Wange des Herrn Bankdirektors Friedrich Gelmini (Herbert Knaup), ausgeteilt von seiner wutschnaufenden Gattin Margarete (Gabriela Benesch), die nächtens träumte, dass ihr Gemahl sie betrügt – mit einer Jüngeren, mit Schönheitsfleck überm Mund. Nur, Friedrich Gelmini ist treu und bar jeder Schuld. Jene am Schluss bekommt just Margarete Gelmini gepfeffert, von dem daherradelnden Lehrer mit dem trefflichen Namen Ferdinand Fröschl (Martin Georg Zauner). Die Direktorengattin schleudert die Wagentür auf, und der vom Auto aufs Fahrrad umgesattelte Fröschl überschlägt sich.

Zwischen diesen beiden Ohrfeigen, die wie eine äußere Klammer einen Reigen an Verwicklungen und Möglichkeiten umfassen, geschieht so einiges. So begegnet Bankdirektor Gelmini just jener schönheitsbefleckten jungen Frau in Form der feenhaft-verführerischen Kellnerin Elisabeth Morgentau (Mavie Hörbiger) in jenem Café, wo er seinen abhanden gekommenen Sohn, den pubertierenden Oliver (Elias Pressler), vermutet. Seinen Sohn findet Gelmini dort zwar nicht, aber die Erleuchtung in Fräulein Morgentaus Esoterik-Gruppe und einer Liebesnacht im Freien: „Ich habe geschlafen wie tot und fühle mich wie neugeboren.“

Prompt entledigt sich der Bankdirektor dieses grauen korsettierten Lebens, in dem er nicht mehr atmen konnte, kündigt einen Job, beendet die Ehe und findet auch den Sohnemann wieder. Eine Rundum-Katharsis sozusagen. Parallel lässt der erfolglose Komponist Alexander Schubert (Alexander Lutz) eine auf eine Serviette hingeschriebene Melodie im Café liegen, die über Umwege und mittels der unwissenden Kellnerin Morgentau bei der karrieregierigen Werbeagenturleiterin Julia Greiner (Julia Stemberger) landet und von dieser prompt verwertet wird für den neuen Werbetrailer just jener Bank, der Gelmini gerade noch vorsteht. Alles klar?

„Die Ohrfeige“ wurde von Regisseur Johannes Fabrick („Ein langer Abschied“, „Jenny Berlin“) inszeniert und geschrieben. Eine österreichisch-deutsche Komödie, gewissermaßen im „Short Cuts“-Stil von Robert Altman, ein Kaleidoskop diverser Biografien und miteinander verstrickter Menschen. Die erste Hälfte über funktioniert das alles überhaupt nicht. Da sind die Dialoge platt, die Situationen banal, der Stoff voller Klischees und alles ist einfach nur gewollt. Man mag es eigentlich nicht weiter sehen.

Und dann kippt der Film um, zieht an, wird er dramaturgisch dichter, stärker. Sobald es etwas weniger bemüht zugeht, stellt sich Leichtigkeit ein. Die zweite Hälfte zeigt all diese Menschen, wie sie ihr Leben ändern, wie sie alte Muster über Bord zu werfen versuchen, wie sie den an sie gestellten Erwartungshaltungen nicht länger entsprechen. Das hat dann doch was. „Wenn die Angst kommt, dann hau ihr eine rein“, bekommt die stets hypergestresste und emotional völlig blockierte Karrieristin Julia wie beiläufig von einer selbst ernannten exaltierten Kartenlegerin gesagt, und als es darum geht, sich zu einer neuen Liebe – nämlich just dem Komponisten Alexander – zu bekennen, da überwindet sie die Angst vor Zurückweisung und Verlust und möglicher Enttäuschung.

Manchmal ist es der esoterisch angehauchten Lebenssinnsprüche dann allerdings doch zu viel, wird die eine oder andere Selbsterkenntnis zu überzogen dargestellt. So schnell ändern sich die Dinge des Lebens denn auch nicht. Letztlich ist es die Gratwanderung zwischen den Inhalten und Genres, die diesen unentschiedenen Film bestimmt und damit auch für das Format des Mittwochfilms der ARD stehen mag. Mitunter laufen hier Filme, und „Die Ohrfeige“ wäre hier zumindest bedingt zu nennen, die dem weichgespülten ARD-Freitag immer näher zu kommen drohen. Damit geht eindeutig ein Qualitäts- und Werteverlust einher. Es ist dieses Mäandern zwischen Anspruch und Quotenschielerei, das diesem wichtigen Primetime-Sendeplatz zuweilen nicht gut tut. Da wäre es glatt eine Ohrfeige für die ARD, würde der Zuschauer just angesichts dieser Entwicklung weniger einschalten.

„Die Ohrfeige“, ARD, 20 Uhr 15

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