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Medien: Für zehn Cent mehr

Der „Repubblica“-Ableger „Metropoli“ ist Italiens erste Zeitung für Einwanderer

Italien hat eine neue Zeitung. „Metropoli“ – Untertitel: „Die Zeitung für das multiethnische Italien“ ist die erste italienische Zeitung für Einwanderer. Sie soll, heißt es im Editorial der ersten Ausgabe, die Mitte Januar erschien, alle praktischen Informationen bieten, die sie brauchen, um den Alltag zu bewältigen, aber sie sollen dort auch ihr Leben gespiegelt sehen. Das Blatt will „dem Bedürfnis vieler Immigranten entsprechen, ihre Gefühle, Ängste, Hoffnungen auszudrücken. Das heißt, es geht nicht nur um Rechte und Pflichten, Wohnung, Arbeit, sondern auch um Paarprobleme, Liebe, Eifersucht, Verrat. Und natürlich geht es um ihre Kinder, um deren Lebensbedingungen und Zukunft.“ Man habe kein Soliblatt oder in Caritas machen wollen, heißt es weiter: „Wir respektieren die Ausländer schlicht als Menschen.“

Wir, das ist „Repubblica“, Italiens zweitgrößte Tageszeitung, die „Metropoli“ erfunden hat und in deren Stil, Schrift, Bildsprache und Grafik das neue Blatt gestaltet ist. Und „Repubblica“ ist es auch, die mit „Metropoli“ in die eigene Zukunft investiert. „Metropoli“, das jeden Sonntag neu in die Kioske kommt, ist nur zusammen mit dem Hauptblatt zu kaufen, für zehn Cent zusätzlich zum normalen Kaufpreis von 90 Cent. Das Blatt ist aber auch kostenlos zu haben, über die Ausländerzirkel und kommunalen Treffs für Migranten in den großen Städten. „Natürlich hoffen wir, dass die Leser, die wir jetzt gewinnen, irgendwann einmal Leser von ,Repubblica‘ werden“, sagt Gennaro Schettino, der verantwortliche Redakteur von „Metropoli“. „Das Ganze ist eine Wette auf die Zukunft.“ Schon allein deshalb, weil sich das Projekt noch längst nicht rechnet. Die Unternehmen, die als Anzeigenkunden in Frage kommen, zögern mit den Inseraten.

In den ersten beiden Nummern wirbt eine Krankenversicherung, Italiens Post preist ihre weltweiten Überweisungsmöglichkeiten, Fiat seine günstigen Leasingraten, einige Banken werben auf Russisch, Spanisch, Chinesisch, Arabisch für ihre niedrigen Gebühren und der Zanichelli-Verlag, eine Art italienisches Pendant zu Langenscheidt, für seine Wörterbücher. Aber viele Seiten sind bisher ganz anzeigenfrei.

Dafür gibt es eine andere Redaktion. Produziert wird „Metropoli“ von einem italienischen Ressortchef und zwei Redakteuren. Die Autoren sind junge Einwanderer der zweiten Generation. Während die Italiener am Redaktionsschreibtisch redigierenund für die Service-Stücke zuständig sind , erzählen die jungen Migranten vom Leben in der Fremde. In einem Interview berichtet der aus Tirana stammende Schauspieler Edmond Botina, der inzwischen als Monteur in einer Fabrik in Venetien arbeitet, über die Abneigung der Italiener gegen die Albaner, die größte Migrantengruppe im Land, und die verzweifelten Versuche seiner Landsleute, zu verleugnen, dass sie Albaner sind.

Die jungen Leute, die diese Geschichten aufschreiben, haben ihre ersten journalistischen Schritte im Internet gemacht. Sie arbeiteten für „Passaporto“, eine Website für Migranten. Aus dieser Seite entstand die gedruckte Zeitung: „Metropoli“. Das Internet und die Arbeit an „Passaporto“, sagt Schettino, sei für die Zeitung und ihre Autoren „eine Art Trainingslager“ gewesen. An die Zukunft des Projekts glaubt er fest: „Fünf Prozent der Bevölkerung sind eine Größe, über die man nicht einfach hinwegsehen kann.“ Das werde irgendwann auch Italiens Wirtschaft einsehen – und das nicht nur zum Besten der Anzeigenbelegung in „Metropoli“: „Wer könnte die Marke ,Made in Italy‘ in China wohl besser vertreten als ein junger Chinese, der in Italien geboren ist und beide Sprachen spricht?“

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