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Medien: Fusion impossible

Leipziger Medientage: Die einen hoffen auf das E-Paper, andere fürchten die Willkür der Konzentrationswächter

Zeitenwende. In der Medienlandschaft passiert etwas, das gravierende Folgen hat. Sind diese Folgen zu begrüßen oder zu fürchten? So richtig weiß das keiner der Verleger, Fernsehmanager und Konzentrationswächter, die bis Mittwoch beim Leipziger Medientreffpunkt diskutierten.

Die Zeitungen zum Beispiel: Wäre er nur auf Geld aus, müsste er jetzt die Zeitungen seines Kölner Verlags verkaufen, meinte Jungverleger Konstantin Neven DuMont, denn: „In fünf Jahren ist die Zeitung nicht mehr so viel wert wie jetzt“. Das passt nicht zu den gierigen Blicken von Finanzinvestoren auf zum Verkauf stehende Zeitungen. Sie hoffen, binnen fünf oder sieben Jahren den Wert der Verlage gesteigert zu haben und dann mit rund 25 Prozent Rendite auf ihr eingesetztes Kapital gewinnbringend wieder auszusteigen.

Vielleicht wissen die Verleger nur nicht, wie sie künftig wirtschaften sollen angesichts des Internets, sinkender Auflagen und zu wenig Lesernachwuchs. Umstrukturierungen und Stellenabbau brachten erste Hilfe, Nebengeschäfte mit CDs oder Büchern mögen Verluste im Kerngeschäft eine Zeit lang übertünchen. Was dann?

Die Meinungen waren geteilt: Zeitungen müssen billiger werden, um Auflagen zu steigern, meinten die einen. Nein, meinten die anderen, der Leser muss mehr zahlen, schließlich ist guter Journalismus teuer. Stehen Zeitungsverlegern gar rosige Zeiten bevor, wenn sie erst einmal begriffen haben, dass ihr Kapital nicht das Verkaufen gedruckter Zeitungen, sondern der Verkauf von gutem Journalismus ist? Mittel- oder langfristig könnte das E-Paper die gedruckte Zeitung ablösen. Zu Hause, im Café oder in der Bahn würde nicht mehr mit Papier geraschelt, nirgends würde sich mehr Altpapier stapeln. Stattdessen würde aus der Tasche oder dem Jackett eine rollbare Displayfolie gezogen. Durch Berühren würden sich Zeitungsseiten aufbauen, durch abermaliges Berühren könnte „geblättert“ werden. Erste Tests gibt es. Firmen arbeiten an der Haltbarkeit dieser Folien, an der Einfachheit der Bedienung und an der gestochen scharfen Darstellung des Schriftbilds. Für Verlage könnte das bedeuten, dass die Kosten für Papier, Druck und Vertrieb wegfallen. Abonnenten bekämen die Geräte kostenlos.

Für Medienunternehmen müssten Zusammenschlüsse erleichtert werden, denn erst ab einer vernünftigen Größe könnten sie dauerhaft erfolgreich wirtschaften. Dem schiebt das Kartellamt den Riegel vor und warnt vor zunehmender Konzentration. Ist gar zu begrüßen, dass der Wettbewerb, dass die Eigentümer- und Kapitalstruktur deutscher Verlage durch das Auftreten von Finanzinvestoren vielfältiger werden – oder gefährden sie das Kulturgut Zeitung? Einig sind sich die Verleger immerhin, dass wirtschaftlicher Erfolg Voraussetzung für guten Journalismus ist.

Ähnliches diskutieren die Fernsehleute: Im Herbst wird ProSieben Sat 1 wohl erneut an Finanzinvestoren verkauft werden. Vielleicht an Apax, vielleicht an KKR. Weiterhin umstritten ist die Praxis von Kartellrechtlern wie Kontrolleuren über die Meinungsvielfalt. Keine der beiden deutschen Fernsehfamilien darf mehr Macht bekommen, sagen die Wächter, doch RTL darf n-tv ganz übernehmen. Jeder Fall ist einzeln zu bewerten, sagen sie, vieles liegt im Ermessen der Behörden. Die Methoden wecken Zweifel, wie es besser ginge, weiß keiner. Es scheint, als habe es noch nie so viel Unsicherheit gegeben. Sicher ist: Die Medienpolitik hinkt der technologischen Entwicklung hinterher, das gilt für Print, Fernsehen und Rechtehandel gleichermaßen.

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