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Medien: Fußball chinesisch

Das Internet-Fernsehen entdeckt die Champions-League und die Bundesliga

Zunächst die gute Nachricht: Das Topspiel der Fußball-Champions-League dieser Woche, Werder Bremen gegen FC Barcelona, wird im frei empfangbaren Fernsehen übertragen, am Mittwoch auf DSF (20 Uhr 45). Die schlechte Nachricht: Das zeitgleiche Spiel von Bayern München bei Inter Mailand ist live ausschließlich beim Pay-TV-Kanal Premiere zu sehen. Nicht nur Bayern-Fans stellt sich an solchen Tagen die Frage, was sich da mit diesem virtuellen Selbstbedienungsladen, mit dem Internet anstellen lässt. Was sich zum Beispiel hinter dem Kürzel IPTV verbirgt. Stichwort Internet-Fernsehen, der Trendbegriff des Jahres. Dort heißen die Programme nicht nur ARD, DSF oder Premiere, sondern auch Shanghai Sports oder CCTV-5. Dahinter stecken asiatische oder britische Sportsender, die Spiele der Bundesliga und der Champions League übertragen. Auch am Mittwochabend.

Die Bilder laufen mithilfe so genannter Streaming- oder Peer-to-Peer-Technologie über das Internet, bereitgestellt von Webseiten wie der IPTV-Plattform 3w-tv.com. Das klingt für normale Zuschauer kompliziert, heißt im Grunde genommen aber nur, dass man die Website 3w-tv.com, laut Mitbegründer Patrick Rosenberger eine Art „Fernbedienung fürs Internet-Fernsehen“, aufsuchen und eine Software für den Empfang herunterladen muss. Welche Spiele dann live empfangen werden können, hängt von den ausländischen Sportsendern und Rechteinhabern wie CCTV-5 ab. „Die Ansetzungen“, so Patrick Rosenberger, „verraten die uns vorher leider nie, obwohl wir dazu aufgefordert haben.“ Das Spiel Mailand gegen Bayern könnte so prinzipiell aber jeder sehen, jeder der rund acht Millionen deutschen Haushalte mit schnellem Netzanschluss. Voraussetzung für einigermaßen ruckelfreie Bilder sind eine DSL-Verbindung, Liebe zur chinesischen Sprache und etwas Geduld.

Das ist was für Internet-Freaks, sagen Kritiker. Das Ganze ist kostenlos, sagen die Fans. Im Gegensatz zu Premiere, das seinen Start ins Internet-Fernsehen vor zwei Wochen, beim ersten Champions-League-Spieltag, etwas verpatzte. Für sechs Euro pro Spiel und neun Euro für die Konferenz können sich Nicht-Premiere-Kunden ihren Fußballabend am Computer freischalten. Zum Vergleich: Ein Fernseh-Abo für die Champions League kostet im Monat 9,90 Euro, exklusive Decoder und bindende Vertragslaufzeiten. Nachdem im Fernsehen, beim DSF, vor rund 3,1 Millionen Zuschauern vorm Spiel Bayern gegen Spartak Moskau auf das neue Internet-Angebot hingewiesen wurde, brach der Server zusammen. Viele Fans konnten nicht mal die Internetseite öffnen. Immer wieder erschien die Meldung: „Server too busy“. Nun will Premiere die Systeme erweitern.

Offenbar kommt IPTV trotz gewisser Start- und Verständnisschwierigkeiten langsam beim Zuschauer an. Individuell Schauen, Fan-Fernsehen, Echtzeit-Übertragungen auf über 200 Spartenkanälen mit Tanzen, Rudern, NBA-Basketball oder womöglich auch Schach (welcher Fernsehsender überträgt eigentlich die derzeit laufende Schach-WM?) – wenn man sich an den PC-Monitor statt eines Flachbildschirms gewöhnt hat, liegen die Vorteile für Ingo Wolf, Gründer von Grid TV Deutschland, auf der Hand. „Als erster Bundesligaverein hat der Hamburger SV einen Vertrag mit uns unterschrieben.“ Wer sich den Pay-TV-Bundesligasender Arena nicht leisten und nicht auf die „Sportschau“ warten will, konnte sich das Schlagerspiel HSV gegen Bremen am Samstag bereits kurz nach Schlusspfiff im Internet anschauen. Bis Mitte Oktober kostet das nichts, danach 3,99 Euro im Monat für alle Heim- und Auswärtsspiele. „Bis zum Ende des Jahres hoffen wir, alle Ligavereine unter Vertrag zu haben“, sagt Ingo Wolf. Außer Bayern München. Beim bereits zu Saisonbeginn gestarteten FCB.tv kostet ein Dreimonats-Abo zwölf Euro, mit T-Com als Partner.

Apropos. Eigentlich sollte das Thema Internet-Fernsehen ein T-Com-Thema sein, mithilfe des schnellen V-DSL-Netzes. Die Telekom hatte für 50 Millionen Euro pro Saison die Exklusivrechte für die Live-Übertragung im Web erworben. Zusammen mit Premiere wird die Bundesliga mit den Experten Marcel Reif und Franz Beckenbauer bislang aber fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit gezeigt. Die große Kampagne solle im Herbst erfolgen, sagt T-Com-Sprecher Ralf Sauerzapf. Mindestens bis dahin werden einem Bundesliga und Champions League noch öfters chinesisch vorkommen.

Fernsehen im Internet:

www.3w-tv.com

www.grid-tv.de

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