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Vorurteile gegen Spiele abbauen wollen die Abgeordneten Dorothee Bär, Manuel Höferlin und Jimmy Schulz (v.l.n.r.). Foto: dapd

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1. Politiker-Lan: Mehr Ego als Shooter

Beim Thema Ballerspiele geht ein Riss durch die Parteien – allen voran durch die CSU.

Exministerin Brigitte Zypries von der SPD tut es, auch der Vorsitzende des Bundestags-Rechtsausschusses, Siegfried Kauder von der CDU, schaut zu. Sie folgten in der letzten Woche einer ungewöhnlichen Einladung der drei Bundestagsabgeordneten Dorothee Bär (CSU) sowie Manuel Höferlin und Jimmy Schulz (beide FPD), die am Mittwochabend zur 1. Politiker-Lan in den Reichstag eingeladen hatten. In den vier Stunden schauten rund hundert Parlamentarier vorbei, um entweder die rund 30 aufgebauten Computer- und Videospiele – darunter Bewegungs- und Rennspiele, aber auch Ego Shooter wie Counter Strike oder Red Dead Redemption – auszuprobieren oder sich mit Profispielern über den nach wie vor umstrittenen Zeitvertreib auszutauschen, wie der 34-jährige Höferlin sagt. „Mit dem Politiker-Lan wollten wir den Kollegen zeigen, dass Computerspiele mehr sind als Ballerspiele und dass die Spieler keineswegs nur in abgedunkelten Zimmern vor sich hin spielen.“

Einen aktuellen Anlass, so betont Höferlin, gab es nicht, dafür den Wunsch, das Thema auch den Abgeordneten nahezubringen, die bislang noch keine Computerspiele gespielt haben. Den Hang dazu hat indes nicht jeder: „Wozu soll ich lernen, wie man ein Killerspiel wie Counter Strike spielt?“, fragte etwa Hans-Peter Uhl, CSU-Mitglied und innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion. Auch mehrere Tage nach der Nachhilfestunde in Sachen Computerspiele-Kompetenz kann sich CSU-Mitglied Dorothee Bär, 32, nur über Parteifreund Uhl wundern. Die Veranstaltung zu kritisieren, nachdem man sich zuerst angemeldet hat, dann aber nicht erscheint, damit ist sie keineswegs einverstanden. Es sei auch keine Entschuldigung, dass Uhl eine andere Veranstaltung habe besuchen müssen. Viele Abgeordnete hätten an dem Tag mehrere Termine gehabt. „Ich habe nichts gegen Meckern, Hauptsache man kommt“, kommentiert sie Uhls Verhalten. Der war am Mittwochabend in die Bayerische Landesvertretung geladen: beim Parlamentarischen Abend des Bayerischen Jagdverbands. Uhl sprach dort über das Waffenrecht. Sein Credo: Von Staats wegen muss auch bei realen Waffen die sichere Verwahrung gewährleistet sein, wobei dem Staat dabei eine Kontrollfunktion zukommt.

Dass gerade die CSU als die Partei wahrgenommen wird, die sich rigoros für ein Verbot von sogenannten Killerspielen einsetzt, ist für Dorothee Bär zwar nachvollziehbar, aber nicht mehr unbedingt zutreffend. „Es hat ein Umdenken stattgefunden, das sieht man gerade bei der Jungen Union“, sagt sie. „Ich merke an den Diskussionen, dass sich da etwas löst.“ Auch aus den eigenen Reihen käme Zuspruch: „Einige Kollegen haben mir gesagt, dass sie bei einer Wiederholung des Politiker-Lans in unserer Fraktion Werbung für die Veranstaltung machen würden“.

Uhl hingegen vermisst bei den jungen Abgeordneten einen differenzierten Umgang mit Computerspielen. Pädagogisch wertvolle Spiele sollte der Staat durchaus mit dem Deutschen Computerspielepreis fördern. Aber der Staat müsse genauso belegen, dass Killerspiele schlecht sind, um Eltern und Jugendliche eine Richtschnur an die Hand zu geben. Der 60-jährige Uhl hat selbst vier Söhne. „Mein Ältester ist 22 Jahre alt, ich kenne Counter Strike und ähnliche Spiele seit 15 Jahren“, sagt er. Ein generelles Herstellungsverbot für Killerspiele hält Uhl für kaum durchsetzbar, er spricht sich für ein Werbeverbot aus. Vor allem stößt er sich an der geltenden Regelung für die Einstufung von gewalthaltigen Spielen. Wenn die von der Industrie betriebene Selbstkontrolleinrichtung USK ein Spiel bewertet hat, kann die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien diesen Titel nicht mehr indizieren. Dabei sollte es genau umgekehrt sein, „die Bundesprüfstelle müsse das Prä haben“, fordert er.

Sollte die Politiker-Lan-Party wiederholt werden, kann sich Uhl einen Besuch durchaus vorstellen – „und sei es nur, um meine abweichende Meinung kundzutun“. Kurt Sagatz

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