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Spring' den Mond an: Spielszene aus "Trials Evolution".

© RedLynx

Neuerscheinungen: Spielerisches Kontrastprogramm

Unterschiedlicher könnten diese Games kaum sein: "Trials Evolution" lässt Stunt-Motorräder über wahnwitzig konstruierte Rennstrecken rasen, "Botanicula" ist eine poetische Rätselreise durch einen Märchenbaum. Beide Spiele im Test.

Trials Evolution (Xbox 360)

Leicht zu erlernen, aber schwierig zu meistern: Mit diesem Credo haben Gamedesigner schon so manchen Hit gelandet. "Tetris" oder auch "Angry Birds" sind nicht zuletzt deshalb so erfolgreich, weil sie Anfängern einen leichten Einstieg gewähren, Fortgeschrittenen aber nahezu unendliche Herausforderungen bieten. "Trials Evolution" ist auch so ein Spiel: Mehr als zwei Controllerknöpfe und einen Analogstick sind dafür nicht nötig. Doch nur mit Nervenstärke, Präzision und großem Übungseifer wird man es hier zur Meisterschaft bringen.

Das Grundprinzip von "Trials Evolution" ist simpel: Wie im Vorgänger "Trials HD" lotst der Spieler einen Motocross-Fahrer durch einen Parcours, der mit zahlreichen Hindernissen gespickt ist. Die linke Schultertaste dient als Gaspedal, die rechte als Bremse, und mit dem linken Analogstick lehnt sich der Fahrer wahlweise nach vorne oder hinten. Bei einem Sturz beginnt das Rennen nicht an der Startlinie, sondern an einem bereits passierten Speicherpunkt auf der Strecke. Jede Havarie kostet allerdings ein paar Sekunden Zeit – Medaillen gibt nur für besonders schnelle, weitgehend fehlerfreie Rennen. Jeder missglückte Sprung, jede unterschätzte Bodenwelle kann schon das Ende der Medaillenträume bedeuten.

Dass "Trials Evolution" so viel Spaß macht, liegt zum einen am motivierenden Trainingseffekt. Ständig gewinnt der Spieler an Erfahrung hinzu, lernt neue Tricks und Kniffe: Etwa, wie man einen Sprung ausbalanciert oder eine steile Rampe hinauffährt, ohne rückwärts hinunterzufallen. Zum anderen ist es die schiere Wucht der Inszenierung, die "Trials Evolution" ins Gedächtnis brennt. Da brechen Staudämme und Brücken zusammen, während der Pilot über sie hinwegdonnert; Schanzen katapultieren das Motorrad über schwindelerregende Schluchten hinweg; dann wieder turnt der Fahrer durch Industrieruinen, Hafenanlagen oder Landschaften, deren Monumente geradewegs aus Stonehenge stammen könnten. Immer wenn man denkt, der Gipfel des Spektakels sei erreicht, setzt "Trials Evolution" noch eins oben drauf – sei es nun mit haushohen Loopings oder mit Rennstrecken über den Wolken. So deftig wie die Stunts inszeniert das Spiel auch die Stürze – deren Anblick ist nichts für zartbesaitete Naturen.

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Allein schon die Solo-Kampagne erweist sich als sehr umfangreich: Wer alle Gold-, Silber- und Bronzemedaillen gewinnen möchte, wird viele Stunden beschäftigt sein. Im späteren Spielverlauf zieht der Schwierigkeitsgrad dann merklich an: Dutzende, ja hunderte Fehlversuche sind hier keine Seltenheit. Auf der Jagd nach Goldmedaillen fühlt man sich ein bisschen wie ein moderner Sisyphos – mit dem Unterschied, dass "Trials Evolution" großen Spaß macht. Letzteres gilt auch für den Multiplayer-Modus: Bis zu vier Spieler können online oder an einer Konsole gegeneinander antreten. Für zusätzliche Abwechslung sorgt ein Streckeneditor, mit dem sich auch ganz andere Spielkonzepte verwirklichen lassen – LittleBigPlanet 2 lässt grüßen. Schwachpunkte von "Trials Evolution" sind gelegentliche Grafikfehler und ein prolliger Soundtrack. Beides fällt aber kaum ins Gewicht, dafür ist der Rest des Spiels viel zu gut.

"Trials Evolution" für Xbox 360. Preis: 1200 Microsoft Points (entspricht 14,40 Euro). USK-Alterseinstufung: ab 12 Jahren.

Botanicula (PC/Mac)

1996 verzauberte der französische Dokumentarfilm "Mikrokosmos – Das Volk der Gräser" die Kinobesucher. In extremen Makroaufnahmen zeigte er das Leben auf einer ganz gewöhnlichen Wiese – die Bienen, Käfer und Schnecken, die sich zwischen den Gräsern tummelten, wirkten durch die neue Perspektive seltsam fremd und vertraut zugleich. Das Computerspiel "Botanicula" bietet da einen interessanten Kontrast: Als rein digitales Medium besteht es aus nichts als Nullen und Einsen, und doch wirkt es befremdlich organisch. So, als könne man durch den Bildschirm wie durch ein Fenster geradewegs in eine lebendige Miniaturwelt blicken.

Mit seinen Spielen hat sich das Entwicklerstudio Amanita Design längst einen Namen gemacht. Der bisher größte Erfolg der Tschechen war das Robotermärchen "Machinarium", das 2009 etliche Auszeichnungen erhielt. Auch "Botanicula" ist ein Point-and-Click-Adventure: Mit der Computermaus navigiert der Spieler durch eine zweidimensionale Baumwelt, sucht Interaktionspunkte und löst Rätsel. Mit bekannten Genre-Vertretern wie "Monkey Island" oder "The Book of Unwritten Tales" hat "Botanicula" allerdings nur wenig gemein. Statt auf klassische Logik- und Kombinationsrätsel setzt das Spiel auf Beobachtungsgabe und Intuition. Welche Reaktion der nächste Klick zeitigt, lässt sich nur schwer voraussagen. Genau das verleiht "Botanicula" aber seine Märchenhaftigkeit, seine Aura des Staunens – und weckt im Spieler einen kindlich neugierigen Entdeckertrieb.

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Bei alledem kommt "Botanicula" ohne ein gesprochenes oder geschriebenes Wort aus. In knappen Einstellungen erfahren wir, dass die Spielwelt in großer Gefahr ist: Ein schwarzes Spinnenwesen saugt dem Baum das Leben aus, lässt Blätter welken und Äste absterben. Fünf tapfere Baumbewohner haben sich zusammengetan, um ihr Zuhause vor dem Untergang zu retten: ein Pilz, eine Nuss, eine Beere, ein Zweig und ein Fluginsekt. Jede der wunderlichen Kreaturen verfügt über spezielle Eigenschaften, die der Spieler je nach Bedarf zum Einsatz bringt: Der Zweig etwa kann an der Unterseite von Ästen entlanglaufen und an Orte gelangen, die für die anderen Team-Mitglieder unerreichbar sind.

Rätseln mit Blättern: Szene aus "Botanicula".
Rätseln mit Blättern: Szene aus "Botanicula".

© Amanita Design

Eine der ersten Aufgaben besteht darin, Federn für ein kartoffelähnliches Wesen zu organisieren: Es blockiert den Weitermarsch der Heldentruppe, weil es nicht mehr fliegen kann. Wie man die Federn nun aus Astlöchern bekommt oder einem bissigen Insekt entwendet, darüber darf der Spieler rätseln – oder es schlicht mit "Trial and Error" probieren. Die Suche nach Interaktionspunkten macht einen Großteil von "Botanicula" aus – logikgestählte Adventure-Fans werden sich hier möglicherweise unterfordert fühlen. Bisweilen erinnert "Botanicula" an ein Wimmelbildspiel: Nur wer alles systematisch absucht, findet das entscheidende Detail.

Mehr als wettgemacht werden diese spielerischen Unzulänglichkeiten durch die einzigartige Atmosphäre des Spiels: "Botanicula" krabbelt, brummt und surrt, dass es eine wahre Freude ist. Bienen und Miniaturvögel sausen durch die Luft, Räuber tarnen sich im Blattwerk des Baumes, in den halbdurchsichtigen Ästen pulsieren zellartige Lebewesen – man fühlt sich wie ein Forscher, der ständig auf neue Arten stößt. Der flirrende Soundtrack aus Naturgeräuschen, Stimmen und Perkussion passt hervorragend zu dieser durch und durch lebendigen Welt. Schade nur, dass "Botanicula" mit maximal 1280 mal 800 Bildpunkten läuft: Bei hochauflösenden Monitoren wird das Spielfeld von schwarzen Balken umrahmt.

"Botanicula" für PC und Mac. Im Laden kostet das Spiel 25 Euro, der Download-Preis liegt unter 10 Euro. USK-Alterseinstufung: ab 6 Jahren.

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