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Medien: Geht „Reader’s Digest“ pleite?

Von so vielen Menschen wird kein anderes Magazin auf der Welt gelesen – behauptet „Reader’s Digest“ zumindest von sich selbst. Der US-Mutterkonzern des Magazins hat jedoch Schulden.

Mehr als 80 Millionen Menschen erreicht das Blatt nach eigenen Angaben mit 51 Ausgaben in über 60 Ländern, in 21 Sprachen wird es gedruckt. In Deutschland feierte das Heft, das neben eigenen Geschichten auch Artikel aus anderen Zeitungen und Zeitschriften übernimmt und früher „Das Beste aus Reader’s Digest“ hieß, erst vergangenes Jahr sein 60-jähriges Bestehen. Doch während sich die deutsche Version mit einer verkauften Auflage von mehr als 802 000 Exemplaren stabil hält, scheint nun der US-Mutterkonzern mit finanziellen Problemen zu kämpfen.

Mehrere amerikanische Medien, darunter die „New York Post“ und die Wirtschaftsfachagentur Bloomberg berichten, dass der Verlag Reader’s Digest Association die Anwaltskanzlei Kirkland & Ellis angeheuert habe – möglicherweise, um einen Konkurs vorzubereiten. Grund für die Turbulenzen ist aber wohl nicht allein die Anzeigenkrise im Printmarkt, sondern vor allem der Schuldenberg der Ripplewood Holding. Der Finanzinvestor hatte die Reader’s Digest Association im März 2007 für 2,6 Milliarden Dollar übernommen – steht inzwischen aber mit knapp über zwei Milliarden Dollar in den roten Zahlen. Von den Rating-Agenturen Moodys und Standard & Poors wird die Ripplewood Holding derzeit mit „junk“ bewertet, der niedrigsten Stufe. Das dürfte auch die Reader’s Digest Association belasten. In welch’ schwerem Fahrwasser sie sich befindet, hatte sich noch im November 2008 gezeigt. Vorstandschef Mary Berner entließ 280 Mitarbeiter weltweit, anderen wurde eine Woche unbezahlter Urlaub verordnet, Sozialleistungen gestrichen.

Das Medienunternehmen dementierte in einer Pressemitteilung am Freitag, vor der Pleite zu stehen. Die Anwaltskanzlei sowie ein Finanzberater seien zwar beauftragt worden, aber nicht um eine Pleite abzuwickeln, sondern um den Verlag „hinsichtlich zahlreicher Restrukturierungs- und Finanzierungsthemen“ in „dieser wirtschaftlich schwierigen Situation“ zu beraten. Zusätzliches Kapital solle beschafft, die finanziellen Belastungen verringert werden. Ob dies einen zusätzlichen Abbau von Stellen bedeutet, wurde nicht mitgeteilt.

Der deutsche Verlag scheint unter den finanziellen Problemen des Mutterkonzerns vorerst nicht zu leiden. Konkrete Zahlen zur finanziellen Situation wollte Verlagssprecher Uwe Horn nicht nennen, sagte aber: „Wir sind sehr zufrieden.“ Die deutsche Ausgabe von „Reader’s Digest“ profitiert davon, dass mehr als Hälfte der verkauften Auflage, nämlich 416 000 Exemplare, stabile Abonnements sind. Seit Januar vertreibt der Verlag zudem sein Magazin „Daheim in Deutschland“ nicht mehr allein über Direkt-Marketing, sondern ist auch am Kiosk präsent. Zur Produktpalette des Verlags gehören ebenso Bücher, CDs und Videos. Doch sollte der US-Mutterkonzern weltweit noch mehr Personal abbauen, könnte dies auch „Reader’s Digest“ Deutschland zu spüren bekommen. Denn die Zeitschrift nutzt Texte, die in den Ausgaben anderer Länder erschienen sind. Mögliche Konsequenz eines Stellenabbaus: weniger selbst recherchierte, dafür noch mehr eingekaufte Geschichten. Sonja Pohlmann

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