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Medien: Gekommen, um zu bleiben

Die „FR“-Redaktion will selbst bestimmen, wie sie zwei Millionen Euro einspart

Die Redaktion der „Frankfurter Rundschau“ hat sich zu Verschwiegenheit verpflichtet. Nein, heißt es, es liege nicht daran, dass bei der Mitarbeiterversammlung am Dienstag Geschäftsführer Jens Berendsen von einer Kampagne gesprochen und den Chefredakteur Wolfgang Storz dahinter vermutet hat. Es liege auch nicht daran, dass zu der schlechten Stimmung der vergangenen drei Jahre, in denen die Kosten um 40 Prozent gesenkt wurden, Angst hinzugekommen ist. Der Grund für das Schweigen sei ein anderer: Hoffnung. Hoffnung auf einen konstruktiven Gesprächsverlauf. Und Vertrauen. Vertrauen in die Zusage der Geschäftsführung, das Ergebnis der jetzt eingerichteten Arbeitsgruppen abzuwarten. Die Redaktion will die Chance nutzen, als Verhandlungspartner aufzutreten. Da will sich keiner dem Vorwurf aussetzen, er wolle öffentlichen Druck erzeugen. „Wenn Sie etwas schreiben, könnte das für uns kontraproduktiv sein“, sagt ein Redakteur. Natürlich will er nicht genannt werden.

Lange stritt die Chefredaktion um die Etathöhe für 2006. Am Ende entschied die Geschäftsführung: zehn Prozent weniger, basta. Zehn Prozent, das entspricht knapp zwei Millionen Euro oder 30 festen Redakteursstellen oder 40 Prozent aller Honorare für freie Mitarbeiter. Redakteure werden nicht entlassen, dafür sorgt der Haustarifvertrag. Er gilt bis Ende 2006. So lange verzichten sie im Gegenzug auf Weihnachts- und Urlaubsgeld. Also werden vor allem die Freien betroffen sein. Doch auch sie werden gebraucht. Die Redaktion verpflichtete sich nun, ein Konzept zu erarbeiten. Es geht um Seitenumfänge und darum, wie welche Inhalte ins Hauptblatt übernommen werden, wenn 2006 die „FR plus“-Beilagen eingestellt werden. „Wir warten das ergebnisoffen ab. Aber: Es muss zügig gehen“, sagte Berendsen dem Tagesspiegel. Wir hätten das früher machen sollen, meint ein Redakteur. Bislang sei man es falsch angegangen: „Wir hatten eine Summe x, dann haben wir geschaut, wie wir damit klarkommen. Richtig wäre, erst das Konzept zu definieren, um dann zu schauen, wie das Geld verteilt wird.“

Fest steht, dass ins Regionale investiert wird: 400 000 Euro. In Frankfurt und im Rhein-Main-Gebiet verkauft die „FR“ das Gros der Auflage. Hier sieht Berendsen noch Erlöspotenziale. Um gegen die Ortskonkurrenz in Darmstadt oder Wiesbaden zu bestehen, sollen die fünf Regionalbüros verstärkt, die Umfänge erweitert werden.

Um das Überleben muss die Redaktion also nicht fürchten. Insofern hat sich die Situation verbessert, denkt man zurück, als die „FR“ kurz vor der Insolvenz stand und die SPD-Medienholding Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft (DDVG) 90 Prozent der Anteile übernahm. Worum die Redaktion allerdings fürchten muss: Wird sie die Mittel haben, um nicht nur die unbedingt nötige, sondern die bestmögliche Berichterstattung zu stemmen?

Die Karl-Gerold-Stiftung schreibt vor, dass die „FR“ ein überregionales Blatt bleibt; der Haustarifvertrag, dass der Verlag nicht zerschlagen wird. Beides müsse der künftige Mehrheitseigner akzeptieren, sagt Berendsen. Daher komme kein Finanzinvestor in Frage, wenn sich die DDVG im kommenden Jahr auf den Posten des Minderheitsgesellschafters zurückzieht – so, wie es die Statuten vorsehen. Dass die SPD murre, weil die Verluste der „FR“ die Parteikasse schmälern, sei nicht der Grund der Sparmaßnahmen, sagt Berendsen. „Die ,FR’ muss wirtschaftlich auf eigenen Füßen stehen.“ Das habe nichts zu tun mit dem Gebaren von „Heuschrecken“, die einfallen, alles leer fegen und dann verschwinden: „Anders als Heuschrecken sind wir gekommen, um zu bleiben.“

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