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Geld her!: Der Preis ist heiß

„Ein Platz an der Sonne“ und Monica Lierhaus, „Aktion Mensch“ und Thomas Gottschalk: Wie Sender und Lotterien soziales Engagement betreiben.

Fast eine halbe Million Euro im Jahr – so viel soll Monica Lierhaus für ihr Engagement bei der ARD-Fernsehlotterie bekommen, das im April beginnt. Auch vier Tage nach Bekanntwerden des Honorars für den neuen Job der früheren „Miss Sportschau“ schlägt die Nachricht hohe Wellen, sorgt für Diskussionsstoff in Internet-Foren und wirft vor allem auch ein interessantes Licht auf Struktur und Wirken der ARD-Fernsehlotterie „Ein Platz an der Sonne“ sowie anderer TV-Spenden-Aktionen.

Und zunächst mal auf die neuen Aufgaben von Monica Lierhaus: Sie soll für die Fernsehlotterie die Werbetrommel rühren, in mehreren Werbefilmen zu sehen sein und jeweils sonntags um 18 Uhr 49 in der ARD die Wochengewinner bekannt geben. Ist dafür dieses – offiziell nicht bestätigte – Honorar von jährlich 450 000 Euro gerechtfertigt, ist es bei Spenden-Organisationen überhaupt marktüblich? Geht es nicht doch zulasten der Gewinnausschüttung, der Unterstützung der Bedürftigen?

Klare Antworten auf diese Fragen zu finden – das ist gar nicht so einfach. Die 1956 gestartete ARD-Fernsehlotterie ist als gemeinnützige GmbH ein eigenständiges Unternehmen. Es finanziert sich aus den Einnahmen der Losverkäufe. Davon gehen 17 Prozent als Lotteriesteuer an den Fiskus, mindestens 30 Prozent werden als Gewinne ausgeschüttet. 45 Prozent gehen an das Deutsche Hilfswerk und dienen damit der Unterstützung von sozialen Projekten. Sieben Prozent ihrer Gesamterlöse gibt die ARD-Fernsehlotterie für Verwaltung, Marketing und Werbung aus. Das sind bei 170 Millionen Euro Einnahmen 2010 rund zwölf Millionen Euro.

Offiziell wird diese Verteilung allerdings nicht bestätigt. „Zur konkreten Aufteilung machen wir aus Wettbewerbsgründen keine Angaben. Sie können über jährlich zu beschließende Wirtschaftspläne variieren“, sagt Christian Kipper, Geschäftsführer der ARD-Fernsehlotterie. Erstaunlich ist, dass das gemeinnützige Unternehmen den Verwaltungsanteil an den Ausgaben noch vor kurzem mit zwei Prozent angegeben hatte. Jedenfalls kursierten auf der Wikipedia-Seiten im Internet in den letzten Tagen zwei unterschiedliche Versionen und Zahlenwerke, was Struktur und Finanzierung der ARD-Fernsehlotterie betrifft. Offenbar war es an der Zeit, nach dem Bekanntwerden des Engagements von Monica Lierhaus und ihres Jahreshonorars die tatsächlichen Aufwendungen für Verwaltung und Werbung der Wirklichkeit anzupassen – nach oben.

Im Januar 2009 hatte Monica Lierhaus bei einer Operation eine Hirnblutung erlitten. Zwei Jahre war Lierhaus nicht mehr öffentlich aufgetreten, bis zur Gala der „Goldenen Kamera“ vor zwei Wochen, wo die Moderatorin, körperlich und sprachlich sichtbar eingeschränkt, sagte, sie werde die „Sportschau“ vorerst aufgeben. Danach wurden ihr Engagement für die ARD-Fernsehlotterie und die Hintergründe öffentlich.

Die Aufregung über das Lierhaus-Salär ebbt seitdem nicht ab. „Das Geld ist mindestens drei Nummern zu hoch gegriffen“, sagt ein Kommentator bei tagesspiegel.de „Mir als Fernsehzuschauer ist Frau Lierhaus und ihre ,Arbeit’ nicht diese Summe wert. Auch wenn es vielleicht nicht viel ändert, sollte man sein Los für die ARD-Fernsehlotterie kündigen.“ Das Geld sollte für andere einen Platz an der Sonne bedeuten, „nicht für die Moderatoren, egal wie sie heißen“, wird im Forum von Gmx.de kritisiert.

Stets wurde betont, dass Lierhaus’ Honorar nicht mit Gebührengeldern bezahlt wird, dass die ARD-Fernsehlotterie ein eigenständiges Unternehmen ist. Vielsagend dazu Geschäftsführer Kipper: In allen Fragen des Programms, Fernsehen und Hörfunk, erfolge die Zusammenarbeit mit der ARD. „Die ARD-Fernsehlotterie hat einen Aufsichtsrat. Dieser stimmt dem Wirtschaftsplan und damit den Budgets zu“, sagt Kipper. „Seine Mitglieder setzen sich aus je einem Vertreter der ARD, des Städtetages, eines Wohlfahrtsverbandes sowie der Freien und Hansestadt Hamburg, dem Sitzland der Fernsehlotterie, zusammen.“

Die Gesellschaftsanteile der Deutschen Fernsehlotterie gehören der Stiftung Deutsches Hilfswerk, errichtet von dem für die ARD federführenden NDR und beauftragt von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände, wie es in der Satzung heißt. Rechtlich ist die GmbH von NDR und ARD getrennt, faktisch bestimmen Sendervertreter über Vorstand und Kuratorium der Stiftung bei der Fernsehlotterie mit. Die Organisation wirbt nicht nur auf Plakaten und anderen Werbeträgern für die gemeinnützige Sache, sie wirbt auch im ARD-Fernsehen. „Das unglaubliche Quiz der Tiere“, sagt NDR-Sprecher Martin Gartzke, „ist eine sogenannte Ko-Eigenproduktion des NDR unter Beteiligung der ARD-Fernsehlotterie. Beide Seiten – NDR und ARD-Fernsehlotterie – sind wirtschaftlich an der Produktion dieser Sendung beteiligt.“ Auftragsproduzent ist Firma I + U, zu hundert Prozent im Besitz von Günther Jauch, der ab September als ARD-Talker arbeitet.

Ein Blick zum ZDF. Auch die „Aktion Mensch“, die 1964 unter dem Namen „Aktion Sorgenkind“ auf Initiative des langjährigen Moderators der ZDF-Sendung „Gesundheitsmagazin Praxis“ Hans Mohl gegründet wurde, wirbt mit einem prominenten Gesicht für sich. Thomas Gottschalk verkündet im ZDF jeden Sonntag um 19 Uhr 28 die Wochengewinner der Lotterie und stellt die sozialen Projekte vor, die mit den Erlösen gefördert werden. Auch er erhält dafür ein marktübliches Honorar. In welcher Höhe, das sagt „Aktion Mensch“-Sprecher Martin Gosen nicht. Nur, dass 2009 insgesamt 43,6 Millionen Euro für Werbung und Kommunikation ausgegeben wurden, auch Gottschalk werde aus diesem Topf bezahlt. Diese Summe entspricht etwa acht Prozent des Gesamterlöses, der 2009 nach Angaben des Vereins bei 447,6 Millionen Euro lag. Die Höhe der Werbeausgaben hält Sprecher Martin Gosen für gerechtfertigt: „Denn werben wir weniger, verkaufen wir auch weniger Lose, und entsprechend weniger Geld kommt für die sozialen Projekte zusammen“, sagt er.

Fast 90 Prozent der Erlöse stammen aus den Lotterieverkäufen, nur etwa zehn Prozent aus Spenden. Gebührengelder fließen aus dem ZDF nicht an Aktion Mensch. Früher hatte das Zweite den Verein mit Fernsehshows wie „Vergißmeinnicht“ mit Peter Frankenfeld, „Drei mal Neun“ und „Der große Preis“ mit Wim Thoelke unterstützt, wo für die Aktion geworben und eine Lotterie durchgeführt wurde. Solche Shows gibt es nicht mehr, heute stellt das ZDF nur noch den Sendeplatz am Sonntag zur Verfügung. Zudem ist der Sender neben sechs Wohlfahrtsverbänden Mitglied des Vereins, dessen Aufsichtsrat Intendant Markus Schächter vorsitzt. Welche Projekte mit den Erlösen gefördert werden, entscheidet ein Kuratorium, in dem der öffentlich-rechtliche Sender jedoch nicht vertreten ist. 177,9 Millionen Euro wurden 2009 für rund 13 500 Projekte ausgegeben.

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