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© imago stock&people

Gemächt-Skulptur: "Der Penisstreit wird Gründungsmythos"

Bildhauer Paul Lenk hat an der Giebelwand des "taz-Gebäudes" sein Objekt "Friede sei mit Dir" angebracht. Schaut "Bild"-Chef Kai Diekmann aus seinen Räumen gegenüber im Springer-Hochhaus in die Rudi-Dutschke-Straße, wird er vielleicht rot - es geht um seinen Penisstreit mit der "taz" von 2002. Nun äußert er sich zum "taz"-Pimmel.

Herr Diekmann, wie lange wollen sich „Bild“ und „taz“ noch über Penislängen streiten?



Welcher Streit? Ich streite mich doch gar nicht mit der „taz“.

Aha. Können Sie dem Tagesspiegel-Leser trotzdem in aller Kürze erklären, worum es bei dieser längst auch gerichtsnotorischen Hakelei eigentlich geht?

Das frage ich mich manchmal auch. Vielleicht geht es im Kern darum, mit welchem Maß in unserem Land Kunst und Satire gemessen wird. Satire ist Satire, lustig und zulässig, wenn es um Kai Diekmann geht. Und das finde ich auch in Ordnung – so ist Satire eben. Wenn es allerdings um die „taz“ geht, oder, ganz speziell, wenn es um den „taz“-Anwalt Johannes Eisenberg und dessen einschlägig bekannte Verhaltensauffälligkeiten geht – dann ist Satire plötzlich weder satirisch noch lustig noch zulässig. Dann wird sie ganz schnell gerichtlich verboten – und das von den gleichen Leuten, die sonst so verbissen um die Freiheit von Kunst und Satire kämpfen. Das finde ich irgendwie lustig. Wenn auch eigentlich absurd.

Sie sind „taz“-Genosse. Quält Sie der Gedanke, dass Ihr gutes Geld in ein riesenhaftes Gemächt-Objekt geflossen ist?

Angeblich hat der Künstler das für ein Jahresabo gemacht. Dass das ein verschenktes Abo ist, freut mich als Genosse natürlich nicht. Aber die Frage nach der Finanzierung werde ich sicherlich auf der nächsten Genossenschaftsversammlung noch einmal stellen.

„taz“ und „Bild“ arbeiten nur wenige Meter voneinander entfernt. Macht diese Nähe besonders aggressiv oder besonders einfallsreich oder besonders kindisch?

„Bild“ beschäftigt sich so gut wie gar nicht mit der „taz“. Umgekehrt scheint der Penisstreit von 2002 für die „taz“ allmählich zum Gründungsmythos zu werden – was ich mit Freuden sehe, weil es die Boulevardisierung der „taz“ weiter vorantreibt. Die neue Skulptur werte ich daher als Höhepunkt einer ganz neuen Sinnlichkeit und Fleischeslust, die ich so bei der „taz“ nicht vermutet hätte.

Ganz humorfrei festgestellt: Der Penisstreit muss beendet werden. Unterbreiten Sie der „taz“ doch geeignete Streitthemen, damit die Pimmelei aus der Welt kommt.

Noch mal! Ich streite mich nicht mit der „taz“. Ich beauftrage keinen Kunsthandwerker mit der Herstellung eines Reliefs, ich schreibe nur positive Artikel über die Kollegen und unternehme auch keine Schritte gegen Kunst am Bau. Was ich getan habe – auch wenn es vielleicht keiner mehr hören kann –, ist, dass ich als Gastchefredakteur zum 25. Geburtstag der „taz“ die höchste verkaufte Auflage aller Zeiten verschafft habe. Vielleicht kommt daher diese große Zuneigung der Genossen.

Kai Diekmann ist Chefredakteur der „Bild“-Zeitung und „taz“-Genosse. Mit ihm sprach Joachim Huber.

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