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Medien: Geschäft mit der Not

Ein Arte-Themenabend über die Fragwürdigkeit humanitärer Hilfe

Laut Ernährungsbericht der Vereinten Nationen hungern weltweit 840 Millionen Menschen. Die größte Not zu lindern, das ist zweifellos eine wichtige Aufgabe – und zuweilen ein einträgliches Geschäft. „Wer hilft wem warum?“, fragt Arte heute bei seinem Themenabend über humanitäre Hilfe. Die These des Abends: Manche Hilfe nutzt den reichen Geberländern mehr als den armen Empfängern.

Wie kann das sein? In der aufschlussreichen Dokumentation „Der inszenierte Hunger“ (21 Uhr) klärt Autor Jihan El Tahri am Beispiel der vermeintlichen Dürrekatastrophe in Sambia im vergangenen Jahr über die Interessenlagen beim Geschäft mit der Not auf. Jede Tonne Getreide, die vom Hafen Lake Charles im US-Bundesstaat Louisiana aus verschifft wird, „bringt der Wirtschaft in dieser Gegend 55 Dollar ein“, rechnet Hafen-Chef Nathan Sukiennik vor. Um die Nahrungshilfe ist in den USA eine eigene Industrie entstanden; denn nur amerikanische Produkte dürfen verwendet werden, so die gesetzliche Vorgabe. Ein Ankauf von Nahrungsmitteln in Afrika selbst ist nicht möglich.

„Wir spenden kein Getreide, es sei denn, wir kaufen es in der Region“, beteuert dagegen EU-Kommissar Poul Nielson. Allerdings verhindern die Subventionen an die europäischen Bauern, dass landwirtschaftliche Produkte aus Entwicklungsländern auf dem Weltmarkt eine faire Chance haben. Im weltweiten Wettbewerb spielt auch Genfood eine Rolle. Europa lehnt Produkte aus genmanipulierten Pflanzen ab, die USA sehen darin kein Problem, auch nach Sambia lieferten sie tonnenweise Genfood. Im Mai 2002 war der afrikanische Staat zum Katastrophengebiet erklärt worden. In der Dokumentation bestreitet die sambische Regierung allerdings, dass sie überhaupt Hilfe von außen benötigt hätte. Monate später lehnt es Sambia plötzlich ab, weiterhin Genfood anzunehmen. „Es gibt hervorragende einheimische Züchtungen, aber wir wären gezwungen, amerikanisches Saatgut zu kaufen, Jahr für Jahr“, erklärt Mundia Sikatana, der Landwirtschaftsminister Sambias.

Auch der zweite Dokumentarfilm des Themenabends („Vergessen im Flüchtlingslager“, 22 Uhr), der die Situation in einem bereits seit zehn Jahren bestehenden Lager in Tansania schildert, stellt eine provokante These auf: Die reichen Länder, unterstützt von den humanitären Organisationen, „tun alles dafür, dass die Flüchtlinge weiterhin ein Leben in der Schwebe führen“, sagt Autor Bernard Debord. Reichlich Diskussionsbedarf also für die geplanten Studiogespräche mit Elias Bierdel, dem Vorsitzenden von Cap Anamur.

„Wer hilft wem warum?“: Themenabend ab 20 Uhr 45, Arte

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